Wirtschaftskrise
Budgetsanierung durch Ausgabenkürzung ist kurzsichtiger Unsinn
ÖGB-Expertinnen warnen vor wirtschaftlichen Folgen planloser Kürzungspolitik. Jeder wirtschaftliche Aufschwung würde dadurch im Keim erstickt
Will man das Budget in den Griff bekommen, muss man auch über Einnahmen sprechen. „Alles andere ist kurzsichtiger Unsinn und würde die Krise nur weiter verschärfen“, stellt ÖGB-Ökonomin Angela Pfister klar. Die dringend nötigen Einnahmen könnten etwa vermögensbezogene Steuern wie eine Erbschaftssteuer bringen, auch Bankenabgaben müssen Teil der Überlegungen sein. In Ländern wie Frankreich wird das aktuell diskutiert. Arbeitnehmer:innen und Pensionist:innen dürften jedenfalls „nicht wieder die Melkkühe der Nation sein“.
Ein Beispiel kann sich Österreich an Ländern wie Spanien, Frankreich oder Italien nehmen. Diese haben „nach der Finanzkrise ihre Budgets durch höhere Einnahmen aus Erbschafts- und Vermögenssteuern saniert“, erinnert ÖGB-Chefökonomin Helene Schuberth. Es jetzt ohne derartige Maßnahmen zu schaffen, sei „reine Illusion“.
Niemand würde mit dem Backrohr heizen
Sparen in der Krise ist grundsätzlich keine gute Idee. Es würde ja auch niemand auf die völlig absurde Idee kommen, seine Wohnung mit dem offenen Backrohr zu heizen, wenn die Heizkörper kaputt sind und man die Reparatur nicht zahlen will – denn natürlich wäre das rasch sehr viel teurer. „Sich aus der Krise heraussparen zu wollen, ist nicht viel schlauer“, so ÖGB-Ökonomin Pfister.
Es würde ja auch niemand auf die völlig absurde Idee kommen, seine Wohnung mit dem offenen Backrohr zu heizen. [...] Sich aus der Krise heraussparen zu wollen, ist nicht viel schlauer.
Konjunktur beleben und Beschäftigung sichern
Was jetzt zu tun ist, ist für sie klar: „Die budgetäre und wirtschaftliche Lage erfordert sofortige Maßnahmen, um die Konjunktur zu beleben und die Beschäftigung zu sichern. Ausgabenkürzungen gefährden den prognostizierten Aufschwung aber weit über das nächste Jahr hinaus.“
Öffentliche Investitionen sind nicht nur dringend nötig, sondern auch sinnvoll. Egal ob Energienetze, öffentlicher Verkehr, Klima- und Gesundheitspolitik, Pflege oder Bildung – „überall sind entsprechende Mittel überfällig und für den gesamten Wirtschaftsstandort enorm wichtig.“
Abwärtsspirale verhindern
Eine drohende Abwärtsspirale muss mit allen Mitteln verhindert werden. Ein sofortiges Konjunkturpaket ist die Lösung, weiß Helene Schuberth. Es müsse „gezielt die Bauwirtschaft, die Industrie und den Konsum stützen und neue Impulse setzen.“ Ein starkes und wichtiges Signal wäre zum Beispiel eine jährliche zweckgebundene Wohnbaumilliarde – und zwar ausschließlich für den geförderten Wohnbau.
Klimabonus darf kein Streichposten sein
Auch vor Diskussionen über den Klimabonus warnt Pfister: „Deutschland überlegt, einen Klimabonus nach österreichischem Vorbild einzuführen, während hier die Abschaffung gefordert wird. Dabei wird die Belastung der Menschen durch steigende CO2-Steuern in den nächsten Jahren um ein Vielfaches steigen“, stellt die ÖGB-Ökonomin klar.
Fachwissen statt Ideologie
Was Österreich jetzt braucht, sind lösungsorientierte Diskussionen, an denen Expertinnen und Experten aktiv beteiligt werden. Ideologisch getriebene Forderungen, die bestenfalls auf Halbwissen basieren, helfen niemandem weiter. „Steht das gemeinsame Ganze im Vordergrund oder hält man an althergebrachten Paradigmen fest?“, fragt daher auch Helene Schuberth, Chef-Ökonomin des ÖGB – und gibt die Antwort: „In herausfordernden Zeiten haben die Sozialpartner jedenfalls bewiesen, dass sie als Stütze der Stabilität agieren.“