Lohnnebenkosten
Finger weg von den Lohnnebenkosten
Wer die Lohnnebenkosten senken möchte, setzt den Rotstift bei Sozialleistungen für Beschäftigte an.
Lohn oder Gehalt bei Insolvenz? Pension? Krankenstand? Geld, wenn du arbeitslos geworden bist? Pflegeurlaub, weil dein Kind deine Hilfe braucht? Oder ganz grundsätzlich: Schutz vor Armut für mehr als eine Million Menschen? Hinter all dem stehen (auch oder vor allem) die Lohnnebenkosten. Eben jene Lohnnebenkosten, die du mit deiner Leistung und deiner Arbeit erwirtschaftest. Und darauf sollst du verzichten? Das wäre nicht nur für dich schlecht, sondern für uns alle. Denn unsere sozialen Sicherungsnetze verlassen sich drauf - und du arbeitest dafür. Eine Kürzung heißt also mehr Geld für die Arbeitgeber und weniger Leistungen für dich.
Immer wieder werden Sozialstaatsbeiträge trotzdem gekürzt. 2022 wurde zum Beispiel der Beitrag, den Unternehmen zum Insolvenzentgeltfonds zahlen, halbiert. Aus ihm bekommen ArbeitnehmerInnen im Konkursfall weiter ihr Gehalt, Lohn, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld. Gäbe es den Fonds nicht, stünden sie mit leeren Händen da.
Eine Senkung der Lohnnebenkosten lehnen die Expertinnen und Experten der Volkswirtschaftlichen Abteilung des ÖGB daher klar ab. „Die Sozialversicherungsbeiträge dürfen nicht angetastet werden. Andere Lohnnebenkosten wie zum Beispiel der Familienlastenausgleichsfonds keinesfalls ohne ausreichende und vorab geklärte Gegenfinanzierung durch Beiträge von Unternehmen und Vermögenden“, hält ÖGB-Ökonomin Miriam Fuhrmann fest. Zumal klar sein muss: Mit höheren Löhnen und Gehältern hat das überhaupt nichts zu tun. Die Beschäftigten wären dabei völlig den Launen der Arbeitgeber ausgeliefert, die das kaum weitergeben werden.
Neoliberale Märchen
Das sind aber nicht die ersten und nicht die einzigen Angriffe auf die Sozialstaatsbeiträge. Unternehmer und neoliberale Thinktanks holen regelmäßig zur Forderung nach einer Senkung der Lohnnebenkosten aus. Das Argument: Es schafft mehr Arbeitsplätze und die ArbeitnehmerInnen haben jeden Monat mehr Gehalt am Konto. Aber stimmt das? Nein. Eine Senkung der Lohnnebenkosten bringt natürlich mehr Geld – aber ausschließlich für die Arbeitgeber! Sie erhöhen die Gewinne der Unternehmen und senken gleichzeitig das Arbeitnehmerentgelt, zu dem die Sozialstaatsbeiträge und die Lohnsteuer zählen. Dem Staat steht weniger Geld zur Verfügung und das bedeutet meistens Leistungskürzungen. Vor einigen Jahren wurde z.B. die Anspruchsdauer auf die Familienbeihilfe gekürzt, in der Südsteiermark konnten aufgrund eines zu niedrigen Budgets die Schüler:innenbusse nicht mehr organisiert werden - und das ist nur ein Beispiel von vielen.
Alles, was Lohnnebenkosten sind, sind Lohnbestandteile.
Morgenjournal vom 03.01.24
Lohnnebenkosten sind nicht nur der Beitrag der Arbeitgeber zum Sozialstaat, sondern gelten auch die Wertschöpfung der Beschäftigten ab. So leisten sie ihren gerechten Beitrag.
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Wer zahlt in Österreich Lohnnebenkosten?
Lohnnebenkosten führt ausschließlich der Arbeitgeber – als Lohnbestandteil der Arbeitnehmer:innen – an den Staat ab. Die Sozialversicherungsbeiträge, die die Arbeitnehmer:innen zahlen, zählen nicht zu den Lohnnebenkosten. Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer zahlen Lohnsteuer und Versicherungsbeiträge, diese werden vom Brutto-Lohn abgezogen. Das kann man am Lohnzettel sehen. Entsprechend führt auch der Arbeitgeber für die Arbeitnehmer:innen einen Beitrag zur Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung ab. Dieser Anteil wird Lohnnebenkosten genannt. Aber nur weil dieser direkt von den Arbeitgebern abgeführt wird, handelt es sich hier nicht um ein „Goodie“ der Unternehmen. Es handelt sich dabei um essenzielle Lohnbestandteile, die die Wertschöpfung der Arbeitnehmer:innen abgelten.
Eine Senkung dieser Lohnnebenkosten führt also weder zu einem höheren Brutto- noch zu einem höheren Nettobezug. Ausnahme: Der Arbeitgeber gibt die Senkung ausdrücklich weiter. Dies ist allerdings sehr unwahrscheinlich.
Was zählt zu den Lohnnebenkosten in Österreich?
Der Anteil, den die Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer:innen direkt an den Staat abführen, finanzieren folgende wesentliche Leistungen, die unseren Sozialstaat ausmachen:
- betriebliche Vorsorge (Abfertigung)
- Insolvenz-Entgeltsicherung (Entgeltfortzahlung für ArbeitnehmerInnen im Fall von Unternehmensinsolvenz)
- Pensionsversicherung
- Arbeitslosenversicherung
- Unfallversicherung
- Krankenversicherung
- Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld
- Wohnbauförderung
- SchülerInnenfreifahrt und gratis Schulbücher
- Kommunalsteuer für die Gemeinden (wichtigste Finanzierungsgrundlage der Gemeinden, mit der unter anderem Kindergärten, Busse etc. finanziert werden)
Wie hoch sind die Lohnnebenkosten für den Arbeitgeber in Österreich?
Arbeitgeber zahlen je nach Branche rund 28 % des Bruttolohns ihrer ArbeitnehmerInnen zusätzlich in Urlaubs- und Weihnachtsgeld (13. und 14. Gehalt/Lohn), bezahlten Urlaub und Krankenstand, aber auch als wesentlichen Beitrag, mit dem das soziale Netz des Staates finanziert wird.
Was habe ich von Lohnnebenkosten?
Pensionen, Arbeitslosenunterstützung, Krankenversicherung, Unfallversicherung, Gesundheitssystem, Kommunalsteuer, Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Schüler- und Lehrlingsfreifahrten und gratis Schulbücher, Unterhaltsvorschüsse, Wochengeld, Pensionsbeiträge von Kindererziehungszeiten und vieles mehr.