Steuern
Übergewinne besteuern? So geht’s!
Die Konzerne verdienen Milliarden am Rücken der ArbeitnehmerInnen. ÖGB und Arbeiterkammer legen ein konkretes Modell zur Besteuerung vor
Die Gewinne der Energiekonzerne werden immer satter, gleichzeitig müssen viele Menschen tief in die Tasche greifen und können sich den Lebensunterhalt nicht mehr leisten. Das darf so nicht weitergehen. AK und ÖGB legen deshalb ein konkretes Modell zur Besteuerung der Übergewinne im Energiesektor vor. „Das ist dringend notwendig und muss jetzt umgesetzt werden, damit die Menschen eine langfristige Entlastung bekommen”, sagt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian.
Was heißt das konkret? Für Investitionen in erneuerbare Energieträger soll es eine sofortige und vollständige Abzugsmöglichkeit geben. Das Modell ist für die Jahre 2022 bis 2024 befristet. Von den geschätzten jährlichen Übergewinnen von etwa 4 bis 5 Mrd. € im Geltungszeitraum, sollen im AK-ÖGB-Modell etwa 1 Mrd. Euro für Investitionen in Erneuerbare abgezogen und weitere 2 bis 3 Milliarden Euro pro Jahr zur Finanzierung von Anti-Teuerungsmaßnahmen abgeschöpft werden.
Rekordteuerung in Österreich
Und das ist dringend notwendig. Denn laut aktueller WIFO-Prognose vom Juni wird die durchschnittliche Inflationsrate 2022 bei 7,8 Prozent liegen – eine Revision nach oben im Rahmen der Herbstprognose ist wahrscheinlich. Das ist der höchste Wert seit 1975. Das Gros der Teuerung kommt also aus dem Energiesektor. „Viele Energieunternehmen verbuchen enorme Übergewinne, während viele BürgerInnen nicht mehr wissen, wie sie ihre Rechnungen und Einkäufe bezahlen sollen. Das ist eine untragbare Situation”, sagt Katzian. Dabei geben die Energieunternehmen nicht nur importierte Preissteigerungen weiter, sondern treiben die Preise auch durch Steigerung der eigenen Gewinnmargen, insbesondere bei Strom und Treibstoffen, in die Höhe.
In EU-Ländern wurden Übergewinnsteuern bereits eingeführt
In den Ländern der Europäischen Union wird deshalb schon länger über die Einführung von Übergewinnsteuern im Energiesektor diskutiert. Viele Mitgliedsstaaten wie Rumänien, Italien, Spanien, Ungarn oder Großbritannien haben bereits unterschiedliche Modelle der Besteuerung umgesetzt. In weiteren Staaten wie Belgien oder Deutschland finden intensive Debatten statt. Zuletzt hat die tschechische Regierung angekündigt, eine Übergewinnsteuer auf Energiekonzerne einführen zu wollen.
Andere Länder machen es vor und haben längst Modelle zur Abschöpfung von Übergewinnen umgesetzt: „Dass die Regierung in dieser Hinsicht untätig bleibt, ist absolut unverständlich. Energiekosten verursachen einen hohen Teil der Teuerung und daher müssen Energieunternehmen ihren Teil zur Entlastung beitragen, insbesondere wenn massive Gewinne ohne ihr zutun entstehen.”, betont Katzian.
Das Modell von ÖGB und AK
Deshalb braucht es eine Übergewinnsteuer auf Unternehmen, wie AK und ÖGB immer wieder gefordert haben. Wie man diese umsetzen kann, zeigt das neue Modell: Die Übergewinnsteuer soll einen Teil der Übergewinne zur Finanzierung der Anti-Teuerungsmaßnahmen abschöpfen (Zweckwidmung: z.B. Energiepreisdeckel für Haushalte), unter ausreichendem Spielraum und Anreiz für den klimapolitisch notwendigen Ausbau erneuerbarer Energieträger. „Es gibt keine sachliche Rechtfertigung für Übergewinne, daher braucht es diese Steuer, die Menschen in dieser besonderen ökonomischen Krise und der Rekordinflation langfristig unterstützt. Selbstverständlich berücksichtigt und unterstützt das ÖGB/AK Modell auch den dringend notwendigen verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energie.”, sagt der ÖGB-Präsident.
Besteuert werden sollen Energieunternehmen im Inland, wenn sie im Vergleich zum Durchschnittsgewinn der Jahre 2019 – 2021, Gewinnsteigerungen verbuchen können. Gewinnanteile ab 110 Prozent des Referenzgewinns sollen mit 60 Prozent, Gewinnanteile ab 130 Prozent des Referenzgewinns mit 90 Prozent besteuert werden.
Die Bagatellgrenze von 10 Prozent stellt sicher, dass neben dem „Normalgewinn“ auch eine gewisse Gewinnsteigerung nicht der Übergewinnsteuer unterliegt.
Die Übergewinne werden Jahre prägen
Da das Gros der Übergewinne (vor allem im Strombereich) erst für die Folgejahre erwartet wird, sollte die Laufzeit der Übergewinnsteuer jedenfalls die Jahre 2022 bis 2024 umfassen. Wenn die Übergewinnsteuer noch 2022 beschlossen wird, stellt die Erfassung der Übergewinne 2022 keine echte Rückwirkung dar und sollte ob der besonderen Umstände jedenfalls verfassungskonform sein. Die bereits beschlossene Senkung der Körperschaftsteuer (ab 2023) ist insbesondere im Anbetracht der Teuerungskrise zurückzunehmen.
Im Geltungszeitraum sind Übergewinne von 4 bis gut 5 Mrd € zu erwarten. Das ist etwas konservativer als die Schätzung der Europäischen Energieagentur. Von diesen 4 bis 5 Mrd € würden durch das AK-ÖGB-Modell: 1 bis 1,5 Mrd € für Investitionen in Erneuerbare abgezogen. 2 bis 3 Mrd € abgeschöpft, von denen nach Abzug der Aufkommensverluste bei der Körperschaftsteuer noch 1,5 bis 2 Mrd € zur Finanzierung der Anti-Teuerungsmaßnahmen verbleiben.
+ AK und ÖGB wollen Übergewinne im Energiesektor zu 60 Prozent bis 90 Prozent abschöpfen
+ Pro Jahr liegen diese Übergewinne bei 3,5 bis 4 Mrd. Euro
+ Das Modell ist befristet: Von 2022 bis 2024
+ Investitionen in Erneuerbare Energieträger sind sofort und vollständig abzugsfähig.
+ Durch das Modell steigt der Anreiz, in Erneuerbare Energieträger zu investieren.
+ Zu erwarten ist, dass rund 1 Mrd. Euro in Investitionen für Erneuerbare Energieträger fließt (und damit nicht unter die Sondersteuer fällt)
+ Durch die Sondersteuer können zwischen 1,4 bis 1,9 Mrd. Euro zur Finanzierung der Anti-Teuerungsmaßnahmen genutzt werden
+ Das Modell ist verfassungskonform (der Energiesektor treibt Rekordteuerung, ein Sektorbeitrag zur Finanzierung der dadurch notwendigen Hilfsmaßnahmen ist daher sachlich gerechtfertigt – wie auch Bankenabgabe nach Finanzkrise)
+ Besteuert werden Energieunternehmen in Österreich (Ausnahmen für kleine Unternehmen)
+ Übergewinne sind Gewinne des jeweiligen Jahres gegenüber dem Referenzgewinn (Durchschnitt der Gewinne 2019 bis 2021) (Gewinnbasis Ebitda)
+ Besteuert wird erst, wenn der Übergewinn mehr als 110 Prozent des Referenzgewinns liegt