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Was planen die Parteien laut ihren Programmen für die Wirtschaft? Und wer wird davon profitieren und wer soll es bezahlen? Wolfilser/stock.adobe.com

Analyse

Wer draufzahlt, wer gewinnt: die Wirtschaftsprogramme der Parteien

Von Steuern und Budget bis Teuerung und Wohnen – die Expertinnen des ÖGB haben die Programme der Parteien analysiert

Je näher eine wichtige Wahl kommt, desto größer wird die Flut an Themen. Umwelt, Sozialstaat, Migration – und: natürlich Wirtschaft. Nicht immer ist es leicht, den Überblick zu bewahren. Die Expertinnen und Experten des ÖGB haben deshalb die Wirtschaftsprogramme der Parteien genauer unter die Lupe genommen.

Denn was wollen die bundesweit antretenden Parteien eigentlich beim Thema Steuern, Budget oder Inflation? Wie wollen sie die horrenden Wohnungskosten in den Griff bekommen? Soll den Arbeitnehmer:innen mehr Geld bleiben? Und wie wollen sie die geforderten Maßnahmen finanzieren?

Mehr Netto vom Brutto – aber wie?

Arbeit entlasten? Das wollen – zumindest laut ihren Programmen – alle Parteien. Aber die Wege sind unterschiedlich. Die Grünen zum Beispiel zielen auf eine niedrigere Lohnsteuer und auch die Neos setzen auf diesen Weg. Die ÖVP plant vor allem bei Besserverdienern Entlastungen, etwa durch den Wegfall des Grenzsteuersatzes von 48 Prozent und der steuerlichen Befreiung von Überstunden. Außerdem sollen Vollzeitarbeitende einen Bonus von 1.000 Euro bekommen.

Damit werden aber vor allem Menschen mit hohen Einkommen entlastet und die Steuerprogression abgeschwächt. Die Progression bei der Lohn- und Einkommensteuer ist wichtig, weil dadurch jene, die mehr verdienen, mehr beitragen können. Was die Überstunden betrifft, gibt es derzeit eine Ungleichbehandlung zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten, weil Überstundenzuschläge bei Teilzeitbeschäftigten gar nicht steuerlich begünstigt sind und die Zuschläge geringer ausfallen als bei Vollzeitarbeit. Auch aus gesundheitspolitischen Gründen ist es kritisch zu sehen, weitere Anreize für mehr Überstunden zu schaffen. Derzeit wird übrigens jede vierte Überstunde nicht bezahlt und auch nichtin Zeitausgleich abgegolten.

Geschenke an die Reichen oder fairer Beitrag?

Während für den ÖGB klar ist, dass die Vermögenden in der Gesellschaft zum Beispiel in Form einer Millionärssteuer auf private Nettovermögen ab einer Million Euro einen größeren Beitrag leisten müssen, ist diese Meinung bei den Parteien nicht durchgängig vorhanden.

Die Neos etwa wollen bestehende vermögensbezogene Steuern sogar reduzieren, ÖVP und FPÖ lehnen die Einführung neuer Steuern, wie etwa Vermögens- oder Erbschaftssteuer, dezidiert ab. Alle drei Parteien fordern außerdem die Abschaffung der Grunderwerbssteuer. Dafür wollen sie Geschenke an die Reichen noch ausbauen: nämlich die erst kürzlich gesenkte Körperschaftsteuer. Diese soll noch weiter nach unten. Für die ÖVP zählt nur der internationale Vergleich: Die KÖSt soll nämlich immer 0,5 Prozent unter dem EU-Schnitt liegen. Noch drastischer ist die FPÖ, die sie teilweise sogar auf zehn Prozent (statt aktuell 23) senken möchte. Die NEOS verfolgen ähnliche Pläne, wenn auch auf einem anderen Weg.

SPÖ und Grüne sehen das hingegen anders: Sie wollen eine Erhöhung vermögensbezogener Steuern. Das soll laut beiden Parteien etwa durch die Einführung von Vermögens- und Erbschaftssteuern gelingen – auch KPÖ und KEINE wären dabei mit an Bord. In Sachen KÖSt enden aber die Gemeinsamkeiten der Parteien: Nur die SPÖ und die KPÖ wollen laut Wirtschaftsprogramm eine Rücknahme der Senkung. Die Grünen sagen dazu in ihrem Programm nichts, haben die letzte Senkung als Regierungspartei allerdings mitbeschlossen. Der ÖGB fordert die Rücknahme und Anhebung der Gewinnsteuer für Konzerne. Die Senkung war aus Sicht des ÖGB ein milliardenschweres Steuergeschenk an die Unternehmen, das zurückgenommen werden muss.

Wer will die Lohnnebenkosten kürzen?

Glasklar ist für die Parteien, was mit den Lohnnebenkosten passieren soll – einer wesentlichen Säule der Finanzierung des Sozialstaats, mit Geld, das von den arbeitenden Menschen erwirtschaftet und von den Unternehmen nur abgeführt wird. ÖVP, FPÖ und NEOS wollen sie kürzen.

Vor allem der Familienlastenausgleichsfonds und die Arbeitslosenversicherung sollen mehr Geld in die Taschen der Unternehmen spülen. Die beliebte Erzählung von „mehr Netto fürs Brutto“ wird jedenfalls nicht halten – die Einkommen der Menschen haben damit nämlich nichts zu tun; alle Kürzungen seit 2015 hatten auch keinen Effekt darauf, aber 15 Milliarden gekostet. SPÖ und KPÖ sind dagegen.

Der ÖGB sagt jedenfalls: Finger weg von den Lohnnebenkosten! Wer dort kürzt, kürzt nämlich in Wahrheit bei den Sozialleistungen!

Der Lohnnebenkostenrechner des ÖGB
Mirella Karoly, ÖGB

Darf man Inflation noch sagen?

Dass die enorme Inflation in Österreich eine direkte Folge verfehlter Regierungspolitik ist, steht außer Frage. Trotzdem (oder deshalb) haben die Grünen de facto nichts dazu in ihrem Wahlprogramm zu sagen, die ÖVP verwendet das Wort nur im Zusammenhang mit Sozialleistungen. Die FPÖ erwähnt Preisdeckel und Mehrwertsteuersenkungen insbesondere bei Lebensmitteln und Energie als Mittel zur Inflationsbekämpfung.

Bei den Neos findet sich das Wort Inflation im gesamten Wahlprogramm gar nicht. Die SPÖ fordert einen 5-Punkte-Plan, um die Teuerung zu bekämpfen. Der ÖGB hat bereits sehr früh Preiseingriffe gefordert, viele der damaligen ÖGB-Forderungen sind nach wie vor aktuell, wie zum Beispiel die Rücknahme der horrenden Mieterhöhungen. Auch mehr Preistransparenz ist notwendig.

Wer will leistbare Mieten?

Vor allem die SPÖ hat geförderten Wohnbau und leistbares Wohnen weit oben auf ihrer Liste und auch für die Grünen hat das Thema große Bedeutung. Auch die Bierpartei hat hier einen Inhalt: Nämlich unter anderem mehr sozialen Wohnbau. FPÖ, ÖVP und Neos fordern einen Freibetrag bzw. die komplette Abschaffung der Grunderwerbssteuer. Dass das nichts an den unleistbaren Preisen oder den Mieten ändert, wird geflissentlich ignoriert. Die FPÖ will jedenfalls, dass Österreicher statt Ausländern bei der Vergabe geförderter Wohnungen zuerst drankommen.

Der ÖGB hat eigens ein wohnungspolitisches Programm erstellt, um leistbares Wohnen tatsächlich umsetzen zu können.

Und wie soll das finanziert werden?

SPÖ und Grüne fordern für die Gegenfinanzierung ihrer Maßnahmen ein gerechteres Steuer- und Abgabensystem, während FPÖ, ÖVP und NEOS bei den Pensionen den Sparstift ansetzen und mit „effizienterer Verwaltung” Geld in die Staatskassen spülen wollen. Konkret möchte die ÖVP bei Arbeitslosen sparen, die FPÖ bei Sozialleistungen (allerdings bei Österreichern und Ausländern unterschiedlich). Dennoch dürften die Pläne von Schwarz und Blau insgesamt aber 10 bis 17 Milliarden Euro kosten – Auswirkungen auf künftige Budgets sind aber nicht berücksichtigt, die Gegenfinanzierung hinkt also ganz ordentlich.

Helene Schuberth und Miriam Fuhrmann analysieren die Wirtschaftsprogramme der Parteien - hier auch in einem Podcast. ÖGB/Harun Çelik

Von FPÖ, ÖVP und NEOS wird auch immer wieder eine Ausgabenbremse erwähnt, ebenso ein „Ende der Schuldenpolitik“. Nicht erklärt wird in den Wahlprogrammen allerdings, wie sich das zusammen mit Steuergeschenken für Reiche und Konzerne ausgehen soll. Die SPÖ hingegen erwähnt in ihrem Wirtschaftsprogrammexplizit, jedenfalls nicht im Sozialsystem einzusparen.

 

Links zu den Parteien:

Österreichische Volkspartei (ÖVP)

Sozialdemokratische Partei Österreichs (SPÖ)

Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ)

Die Grünen 

NEOS

Kommunistische Partei Österreichs 

Bierpartei 

Keine von denen (Der Wandel)

Liste Madeleine Petrovic

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