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Für viele reichen die Maßnahmen der Regierung nicht. Andrea Piacquadio

Teuerung

Zu wenig, zu spät: Was dich die Untätigkeit der Regierung kostet

Schätzungen von ÖGB-Expert:innen zeigen, wie teuer der Alltag geworden ist

Die Teuerung erwischt uns an allen Fronten: Lebensmittel, Energie, Wohnen. Fast kein Lebensbereich ist von der enormen Preissteigerung verschont geblieben. Dabei gäbe es an all diesen Ecken gute Möglichkeiten, preisdämpfende Maßnahmen zu setzen. Da die Bundesregierung die Vorschläge des ÖGB auf dem Tisch liegen hat lassen, ist der Alltag einer durchschnittlichen Arbeitnehmerin um einiges teuer als noch vor einem Jahr:

Mieten

Richtwertmieten: In Wien zahlen heuer Mieter:innen für eine 70 Quadratmeter-Wohnung durch die Erhöhung pro Jahr rund 490 € mehr Miete zahlen, in der Steiermark rund 670 € und in Vorarlberg – wo der Richtwert am höchsten ist – rund 750 €.

Im Juli 2023 sind auch die Kategoriemieten um 5,5 Prozent gestiegen. Das ist dann die vierte Erhöhung in 15 Monaten – in Summe um fast 25 Prozent. Für eine Kategorie A Mietwohnung in der Größe von 70 m2 bedeutet das eine Erhöhung von insgesamt 790 Euro innerhalb von 15 Monaten.

Immer dann, wenn die Inflation die fünf-Prozent-Schwelle übersteigt, kommt es zu einer Erhöhung der Miete. Die hohen Mieten treiben die Inflation weiter an und es kommt bald zur nächsten Erhöhung. Betroffen sind insgesamt rund 135.000 Wohnungen in Österreich.

Freie Mieten: Betroffen sind österreichweit etwa 425.000 Miet-Haushalte – sie werden dadurch im Schnitt dauerhaft mit über 1.300 € pro Jahr belastet.

  • Freie Mieten fallen zu allem Übel gar nicht unter den angekündigten Mietpreisdeckel der Bundesregierung. Ob die anderen Mietverhältnisse tatsächlich gedeckelt werden, ist auch noch unklar. Der Deckel für die Erhöhung liegt nämlich über den Inflationserwartungen für das nächste Jahr. Sicher ist nur, dass die Mieter:innen in Österreich die Leidtragenden sind. Ein Stopp für Mieterhöhungen, solange die Inflation so hoch ist, sowie eine Abschaffung der Befristungen könnten viel zielgerichteter Abhilfe schaffen.

Lebensmittel

Im Zuge der ÖGB-Aktionswoche zeigte der Gewerkschaftsbund, mit welcher Wucht die Teuerung Familien nach nur einem Einkauf trifft. Dazu kommt, dass Unternehmen die Preise über die Inflation hinaus erhöht haben und mit anderen miesen Tricks die Teuerung auf ihre Kundschaft abwälzen. Das bedeutet für eine durchschnittliche Familie rund 1.200 € höhere Kosten für Lebensmittel und Grundbedarfsmittel.

  • Die Regierung hat verschlafen, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel auszusetzen. Mit dieser zeitlich begrenzten Maßnahme hätten Familien nach ÖGB-Berechnungen 1.100 € mehr zum Leben.
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Energie

Es gibt zwar eine Strompreisbremse in Österreich, die kommt allerdings mit einem Bremsdefekt: Wer seine Energie alternativ bezieht (z. B. Wärmepumpe) hat große Probleme:

  1. Gas: Im Jahr 2022 hat der österreichische Durchschnittshaushalt für Gas (samt Netzkosten und Steuern) bereits 1.300 Euro mehr als 2021 bezahlt. ÖGB-Expert:innen schätzen, dass es heuer bis zu 600 € mehr werden.
  2. Heizöl: Wer jetzt im September 2.500 l kauft, zahlt um rund 1.400 €  mehr als im Jahr 2021.
  3. Diesel: Bei einem Verbrauch von 1.200 Liter pro Jahr zahlt man heuer etwas mehr als 500 € mehr als im Jahr 2021. Da die Treibstoffpreise derzeit weiterhin in die Höhe schießen, ist es gut möglich, dass es nicht nur bei den 500 Euro bleibt.
  4.  Pellets: Vier Tonnen Pellets kosten 2023 rund 632 € mehr als noch vor zwei Jahren, 2022 waren es sogar bis zu 1.400 €.
  5. Fernwärme: Bei Fernwärme haben sich die Preise zu 2021 verdoppelt. Für einen durchschnittlichen Haushalt in Wien um 540 € mehr im Jahr 2022. Heuer gibt es 20 % Rabatt.

Wer soll sich das noch leisten?  

Eine Durchschnittsfamilie mit zwei Kindern zahlt also rund 1.200 Euro mehr für Lebensmittel und Grundbedarfsmittel, rund 500 Euro mehr für die Miete und 600 Euro mehr fürs Heizen. Das sind 2.300 €, die im Jahr fehlen – ein ganzes Monatsgehalt nur von der Teuerung gefressen.

Österreichische Haushalte tragen diese Kosten bereits seit zwei Jahren ohne Aussicht auf eine ernsthafte Besserung. Die Regierung verschläft Chance um Chance, die Menschen zu entlasten: Die Deckelung der Strompreise und Mieten wurde viel zu spät und sehr lückenhaft umgesetzt. Von einem Aussetzen der Mehrwertsteuer oder anderen Maßnahmen ist gar keine Rede.

Wenn es die Regierung nicht schafft, liegt es an den Gewerkschaften dafür zu sorgen, dass Arbeitnehmer:innen nicht von Lebenserhaltungskosten erschlagen werden, und zwar durch konsequente Verhandlungen mit einem ordentlichen Gehaltsplus als Ergebnis.

Wirtschaftsvertreter machen bereits seit dem Sommer Stimmung für Lohnzurückhaltung, die Abkehr von der rollierenden Inflation und Einmalzahlungen statt Lohnerhöhungen. Der ÖGB wird aber sicher nicht zulassen, dass Arbeitnehmer:innen um ihren Teuerungsausgleich geprellt werden, während Preise und Profite ungebremst in die Höhe schießen. Es kommt ein heißer Herbst auf uns zu.