Verteilungsgerechtigkeit
81 Jahre lang arbeiten – oder ein Jahr im Vorstand
Der Fat Cat Day zeigt: Ein normales Arbeitsleben reicht nicht aus, um wenigstens ein ATX-Chef-Jahresgehalt zu verdienen
Es ist absurd: Vorstandsvorsitzende von Unternehmen, die im Börsenindex ATX gelistet sind, verdienen im Durchschnitt 814 Euro pro Stunde. Bei so einer Entlohnung muss man nur wenige Tage arbeiten, um das Jahres-Medianeinkommen eines beziehungsweise einer österreichischen Beschäftigten zu erreichen.
Nach Berechnungen der Arbeiterkammer ist daher heuer am 8. Jänner der so genannte Fat Cat Day, der Tag, an dem das jährliche Einkommen von Beschäftigten durch Vorstandsvorsitzende (CEO) der größten börsennotierten Unternehmen verdient wurde.
Durchschnittlich hat ein:e ATX-Vorstandsvorsitzende:r im Jahr 2023 laut Berechnungen der Arbeiterkammer rund 3,1 Millionen Euro erhalten. Die Vergütung ist daher das 81-fache des mittleren Einkommens (Medianeinkommen, 38.748 Euro) in Österreich. Die Vergütung der ATX-Vorstandsvorsitzenden stieg im Vergleich zum Vorjahr um 16,4 Prozent (die Medianeinkommen haben sich im Gegenzug um 7,8 Prozent erhöht).
Rechnet man das auf ein ganzes Arbeitsleben um, werden die Konsequenzen dieser Ungerechtigkeit noch deutlich sichtbarer: „Normale“ Beschäftigte müssten ihr Arbeitsleben verdoppeln und 81 Jahre (!!!!) lang arbeiten, um in ihrem gesamten Leben ein Jahresgehalt eines Vorstands zu erhalten.
ÖGB-Ökonomin mit deutlicher Kritik
„Die Lücke zwischen Vorstandsgehältern und der Entlohnung der Beschäftigten geht immer weiter auf. Wichtig wäre, dass der Aufsichtsrat eine angemessene Relation zwischen den Vorstandsgehältern und den Gehältern der Belegschaft definiert“, sagt ÖGB-Ökonomin Miriam Fuhrmann. „Ziel sollte auch eine nachhaltige und soziale Unternehmensführung sein, also eine Führung des Unternehmens nicht nur unter Berücksichtigung der Interessen der Aktionär:innen, sondern auch unter Berücksichtigung der Interessen der Arbeitnehmer:innen und des öffentlichen Interesses.“ So ist es derzeit auch im Aktiengesetz vorgesehen. Dennoch werden das Interesse der Arbeitnehmer:innen sowie das öffentliche Interesse häufig nur unzureichend berücksichtigt.
„Nachhaltige und soziale Unternehmensführung sollte das Ziel sein und nicht, sich möglichst rasch die Taschen vollzustopfen.“
Ein großer Teil der Vorstandsbezüge sei üblicherweise erfolgsabhängig. „Für die Arbeitnehmer:innen ist es aber ein riesiger Unterschied, woran man diesen Erfolg misst. Nimmt man Aktienkurse und Dividenden als Indikator, dann führt nämlich auch ein massiver Stellenabbau zu vermeintlichem Erfolg und damit steigenden Vorstandsgehältern – das ist der berüchtigte ‚Shareholder-Value‘. Dann geht es aber nur darum, sich die Taschen möglichst rasch vollzustopfen“, erklärt Fuhrmann weiter und warnt: „Mit einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung, die Arbeitsplätze erhält und von der alle profitieren, hat das nichts zu tun.“
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