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Wohnen ist für immer mehr Menschen unleistbar. Das muss aber nicht so sein. Die Expertinnen und Experten des ÖGB haben deshalb ein Wohnungspolitisches Programm vorgelegt. Antonio Guillem - stock.adobe.com

Solidarität

Wohnen muss man sich leisten können

Zum Wohnen gibt es keine Alternative – auch wenn es sich viele Menschen kaum mehr leisten können. Das Wohnungspolitische Programm des ÖGB zeigt Wege aus der Krise.

Maximal ein Drittel des Nettoeinkommens soll fürs Wohnen draufgehen – so lautet die oft zitierte Faustregel. Für immer mehr Menschen ist das höchstens eine hübsche Fantasie. 

Die Mietkosten tragen wesentlich zur Inflation bei, die bei uns die höchste in Westeuropa ist, aber die Politik reagiert nur zaghaft. Deshalb legen wir ein umfassendes Maßnahmenpaket zum Thema Wohnen vor. 

Helene Schuberth, Chef-Ökonomin des ÖGB

Laut Statistik Austria sind die Wohnkosten für fast ein Viertel aller Menschen in Österreich eine schwere finanzielle Belastung, im untersten Einkommensfünftel sehen das mehr als 40 Prozent so. Auf diesem Drahtseil kann man nicht ewig balancieren. Immer mehr Menschen stürzen ab oder stehen haarscharf davor. Unlösbar ist das Problem aber nicht, es fehlt nur der politische Wille.  

So hoch ist die Belastung durch Wohnkosten in Österreich
Für viele Menschen ist Wohnen eine extreme finanzielle Belastung - und der Wert steigt. ÖGB

Die Expertinnen und Experten des ÖGB haben schon mehrfach Maßnahmen vorgeschlagen, um dieses Problem effektiv zu bekämpfen. Auf Seite der Entscheidungsträger dürfte es aber kein großes Interesse an einer nachhaltigen Lösung geben. Das jetzt vorgelegte Wohnungspolitische Programm des ÖGB, federführend von Ökonomin Angela Pfister in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften entwickelt, packt das Problem noch einmal bei der Wurzel und zeigt klare Wege aus der Krise auf. 

Es wurde verabsäumt, bei der Preisentwicklung einzugreifen. Damit hat die Bundesregierung erst recht eine Preisspirale nach oben in Bewegung gesetzt. Bei den Mieten ist das nur besonders auffällig. Und diese Mietpreisspirale hat die Inflation befeuert. 

Helene Schuberth, Chef-Ökonomin des ÖGB

Gebaut wird für Spekulanten  

Haben wir zu wenig Wohnungen? Nein. In Wien wurden zum Beispiel in den letzten Jahren bei einem Bedarf von 54.000 Wohnungen mehr als 75.000 gebaut, in ganz Österreich 317.000, obwohl „nur“ 235.000 nötig gewesen wären.

Entwicklung der Mietkosten im privaten Bereich zwischen 2008 und 2022
Die Mietkosten pro Quadratmeter explodieren - und das seit vielen Jahren. Der ÖGB zeigt Maßnahmen auf, die diese Entwicklung stoppen würden. ÖGB

Das Problem ist vielmehr: Viele der neu gebauten Wohnungen sind für den Großteil der Menschen schlicht zu teuer. Denn sie werden nicht gebaut, damit Menschen dort wohnen, sondern von und für Spekulanten, die sich damit ihre Konten füllen. Die Folge: Seit 2008 haben sich Wohnungspreise mehr als verdoppelt.  

Wir brauchen öffentlichen Wohnbau 

Wenn man will, steht man dieser Entwicklung aber nicht machtlos gegenüber. Was dafür nötig ist? Zum einen eine zweckgebundene Wohnbaumilliarde, die den Ländern jährlich und dauerhaft vom Bund zugewiesen wird; weiters eine Widmungskategorie „Geförderter Wohnbau“, mit der de facto nur Wohnbauten mit einem überwiegenden Anteil von geförderten Wohnungen errichtet werden dürfen.

Geförderte Wohnungen dürfen auch nicht verkauft werden. Der Bestand leistbarer Wohnungen muss gesichert und dem Spekulantentum ein Riegel vorgeschoben werden.  

Leerstandsabgabe auch für Grundstücke 

Endlich hat die Bundesregierung das vorgeschlagen, was der ÖGB seit Langem fordert: eine Leerstandsabgabe. Was noch fehlt: eine Nachweispflicht über Mieteinnahmen und entsprechende Zahlungen, wenn Objekte mehr als sechs Monate leer stehen.

Aus Sicht des ÖGB muss man aber einen Schritt weiter gehen: Auch leer stehendes Bauland muss erfasst sein. Damit soll aber nicht die Versiegelung vorangetrieben werden: Wo nicht gebaut wird, kann auch in Grünland umgewidmet werden. Damit würde die Bodenspekulation effektiv bekämpft.  

Der große Schmäh mit der Mietpreisbremse 

Fünf Prozent. Maximal. Kling gut? Ist es aber nicht. Weil es nicht stimmt – auch wenn die Bundesregierung das über ihre Mietpreisbremse behauptet. Die Mieten sind nämlich seit 2022 schon um bis zu 25 Prozent gestiegen. Die 5-Prozent-Hürde für die Zukunft ist aber zu hoch, weil die Inflation diesen Wert gar nicht erreicht. Ab 2025 gilt das außerdem jährlich und ab 2027 kann die Mieterhöhung sogar höher ausfallen. Warum? Weil es das Gesetz so vorsieht.   

Wir als ÖGB haben schon vor zwei Jahren einen Mietpreisstopp verlangt, weil das der einzige effektive Weg gewesen wäre. Stattdessen sind die Mieten seit damals um 25 Prozent gestiegen. 

Angela Pfister, ÖGB-Ökonomin

Der ÖGB fordert daher unter anderem einen echten Mietenstopp und eine Rücknahme der letzten Erhöhungen. Inflationsbedingt soll außerdem maximal um zwei Prozent erhöht werden dürfen. Und: Ein Universalmietrecht muss her, das für alle Mietwohnungen gilt und damit auch alle entsprechend preisregulieren kann. 

Die Katastrophe mit den Befristungen 

48 Prozent aller privaten Mietverträge sind befristet. 2022 gab es um 156.800 befristete Mietverträge mehr als zehn Jahre davor. Drei von vier dieser Verträge wurden nur aus der Not unterschrieben.

So viele befristete Mietverträge gibt es in Österreich und das heißt es für die Kosten
Befristete Mietverträge werden immer mehr und verursachen große Probleme für Mieter:innen - vor allem, aber nicht nur, finanziell. ÖGB

Ein Ende der Befristungen würde sehr viele Mieter:innen entlasten und die Steuerzahler:innen keinen Cent kosten.

Angela Pfister, ÖGB-Ökonomin

Die Folge? Entweder muss verlängert oder übersiedelt werden – und beides ist mit horrenden Kostensteigerungen verbunden. Es muss also ein Ende geben für diese Praxis.   

Sozialer Wohnbau für Mensch und Klima 

40.000 Unternehmen, 310.000 Beschäftigte, 63 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr – die Bauwirtschaft ist eine wesentliche Stütze der heimischen Wirtschaft. Aber: Sie braucht Hilfe. Vor allem das Thema Sanierung wäre ein starker Hebel für die Branche. Ausreichende öffentliche Mittel sind nötig, um mit Schwung voranzukommen.

Auch eine öffentliche Sanierungsbank mithilfe von EU-Mitteln wäre dringend notwendig und angebracht. Ein One-Stop-Shop, also eine einzige Anlaufstelle für alle Fragen rund um Förderungen auf Gemeinde-, Landes- und Bundesebene, soll Klarheit für die Menschen schaffen.   

Betriebskosten, Kredite, Heizungstausch 

Das Wohnungspolitische Programm des ÖGB behandelt noch viele weitere wichtige Themen. Wir erklären zum Beispiel, warum es dringend gesetzliche Regelungen für Betriebskosten braucht und warum die Kosten für den Heizungstausch keinesfalls an den Mieterinnen und Mietern hängen bleiben dürfen.

Und: Auch das Problem mit den enorm gestiegenen Kreditzinsen können wir lösen: Die Banken müssen verpflichtet werden, die variablen Kredite in solche mit fixen Zinsen umzuwandeln. 500.000 Betroffene würden durchatmen. 

Das Wohnungspolitische Programm des ÖGB
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