Zum Hauptinhalt wechseln
©.shock - stock.adobe.com

Solidarität

Viele Probleme, ein Ziel

Der Weg zur Gründung eines Betriebsrats ist oft steinig – allein gehen muss man ihn aber nicht

„Ein Betriebsrat macht keine Probleme – er sorgt dafür, dass es keine gibt“, stellt Willi Mernyi klar. „Das Märchen von den sturen Blockierern wird immer nur von jenen erzählt, die die Rechte ihrer MitarbeiterInnen aushebeln wollen“, erklärt der für Organisation zuständige Leitende Sekretär des ÖGB weiter. Ein Betriebsrat sei in gut geführten Unternehmen ein Gewinn für alle Beteiligten und „vor allem auch ein Zeichen des Respekts gegenüber den MitarbeiterInnen, die den Erfolg des Unternehmens erst ermöglichen“. Jede Neugründung ist daher auch ein wichtiges gesellschaftliches Signal weit über das direkte Umfeld hinaus.

Ein Betriebsrat macht keine Probleme – er sorgt dafür, dass es keine gibt!

Willi Mernyi, Leitender Sekretär des ÖGB

Der erste Weg führt zum ÖGB

Trotzdem gibt es immer noch Unternehmen ohne Betriebsrat, teilweise wird eine Gründung sogar massiv vom Arbeitgeber bekämpft – in jedem Fall nicht nur in Krisenzeiten eine Katastrophe. Denn in Wahrheit ermöglichen Betriebsräte schnelle und vor allem rechtlich einwandfreie Entscheidungen, und das hilft ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern gleichermaßen. Die Probleme auf dem Weg zur Gründung sind vielfältig – an vorderster Front dabei: Iris Stern, die federführend für die Hotline der aktuellen ÖGB-Kampagne „Sei du die starke Stimme!“ verantwortlich ist. Sie und ihre KollegInnen sind oft die erste Anlaufstation für ArbeitnehmerInnen und ihre Probleme. „Wir sind das Eintrittstor in die Gewerkschaft, SeelsorgerInnen und VermittlerInnen. Wenn es Menschen nicht gut geht und der Schuh drückt, dann hören wir zu und bringen sie mit unseren ExpertInnen zusammen, damit Lösungen gefunden werden“, erklärt Stern.

Betriebsratsgründung ist immer eine gute Idee

Im Fokus ihrer Arbeit ist aktuell natürlich das Thema Betriebsratsgründung. Und dabei wird schnell klar: Die Unsicherheit ist groß, aber die Hilfe kommt an. Oft hören Iris Stern und ihre KollegInnen von Angst vor der Gründung eines Betriebsrates – konkret etwa vor der Reaktion des Chefs. Die – auch rechtlich – korrekte Vorgehensweise kann mit entsprechender Beratung von den ExpertInnen des ÖGB und der Gewerkschaften erklärt werden. Damit verschwindet in der Regel die Angst und die Erfolgsaussichten steigen.

Viele AnruferInnen wissen gar nicht, welche Rechte sie haben bzw. sind vom Druck ihrer Chefs eingeschüchtert. „Ich wusste gar nicht, dass ich selbst einen Betriebsrat gründen kann. Ich habe geglaubt, mein Vorgesetzter muss da zustimmen“, erklärte etwa eine überraschte Anruferin. Auch Unsicherheit über die persönliche Eignung kommt immer wieder vor. Entsprechend wichtig sind die rasche und kompetente Beratung und Unterstützung. Denn gerade in der Krise ist es der richtige Zeitpunkt, sich zu organisieren. „Mit dem Betriebsrat kommt man besser durch diese schwierige Zeit. Die Menschen sind nicht hilflos, und das finde ich toll. Sich selbst zu ermächtigen und etwas zu tun, das ist ein erhebendes Gefühl“, erzählt Stern.

Schnelle Hilfe auf dem kurzen Dienstweg

Es bleibt natürlich nicht beim ersten „Troubleshooting“ – dauerhafte Beratung und Unterstützung sind wichtig. Dabei kommt neben den ExpertInnen des ÖGB und der Gewerkschaften auch den bereits aktiven BetriebsrätInnen eine wichtige Rolle zu: Viele von ihnen stellen sich als „Buddies“ in den Dienst der guten Sache. Als AnsprechpartnerInnen und Vertrauenspersonen helfen sie ihren zukünftigen KollegInnen und bieten so eine – oft auch informelle – dringend nötige Unterstützung. „Für mich ist das selbstverständlich, dass ich anderen dabei helfe, sich zu wehren und sich nicht mehr alles gefallen zu lassen“, wird die Motivation dafür von einem der Buddies beschrieben.

Für andere stark sein

Manches, was Stern und ihre KollegInnen zu hören bekommen, ist schwer zu verdauen – das Gefühl, „den Menschen helfen zu können, ist aber wunderschön“, erklärt Stern. Gerade jetzt sei es wichtig, dass ArbeitnehmerInnen mit ihren Sorgen AnsprechpartnerInnen haben. Besonders Frauen, und unter ihnen vor allem alleinerziehende, stünden aktuell häufig vor gewaltigen Problemen. Man leide auch mit, erzählt Stern. „Oft schmerzt es im Herzen, was man hört. Aber es nützt nichts, darin zu versinken. Wir haben ein offenes Ohr und wollen mit unserer Arbeit dafür sorgen, dass geholfen wird“, formuliert sie eine Kernqualität der Gewerkschaftsbewegung: den Zusammenhalt. Man müsse auch für andere stark sein, sonst ist das gute Leben für alle nicht mehr als ein Satz. Die Betriebsräte leisten ihren großen Beitrag, dieses Motto auch mit Leben zu füllen.

Der Betriebsrat als Teil von etwas Größerem

Die hart erkämpften Rechte der ArbeitnehmerInnen sind keine Selbstverständlichkeit. Wir dürfen nie lockerlassen.

Willi Mernyi, Leitender Sekretär des ÖGB

Jeder Betriebsrat trägt nicht nur große Verantwortung im Unternehmen, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag weit über das eigene Umfeld hinaus: „Dass wir in einem der reichsten Länder der Welt leben dürfen, dass wir seit Jahrzehnten einen historisch beispiellosen sozialen Frieden erleben, dass wir uns auf einen herausragenden Sozialstaat verlassen können – das ist möglich, weil Betriebsräte teilweise unter Lebensgefahr für gute Verhältnisse für die arbeitenden Menschen gekämpft haben und das immer noch tun“, stellt der Leitende ÖGB-Sekretär Willi Mernyi klar. Ausruhen dürfe man sich darauf aber nicht: „Die hart erkämpften Rechte der ArbeitnehmerInnen sind keine Selbstverständlichkeit. Wir dürfen nie lockerlassen.“