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Ohne armutsbekämpfende Leistungen, wie Notstandshilfe und Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, stünden viele Menschen ohne ausreichende finanzielle Unterstützung da Robert – stock.adobe.com

Sozialstaat

So viel Sozialhilfe bekommt man in Österreich

Kann in Österreich wirklich jede:r einfach so Sozialhilfe kassieren? Und kriegt man wirklich gleich viel wie fürs Arbeiten? oegb.at klärt auf, wer, wann, wie viel Sozialhilfe bekommt

Österreich ist bekannt für ein gut funktionierendes Sozialsystem, das seine Bevölkerung in Notsituationen absichert. Und das ist gut so. Denn ohne armutsbekämpfende Leistungen, wie Notstandshilfe und Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, stünden Menschen, die ihre Arbeit verloren haben – nach Auslaufen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld – ohne ausreichende finanzielle Unterstützung da.

Sie wären gezwungen, auch die niedrigsten Löhne bzw. Gehälter und schlechtesten Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Um das zu verhindern, benötigen wir ein starkes soziales Netz mit einer existenzsichernden Leistungshöhe.

Deshalb fordert der ÖGB auch, dass die Sozialhilfe wieder durch eine bundeseinheitliche, existenzsichernde Mindestsicherung mit Mindestsätzen statt mit Maximalleistungshöhen ersetzt wird.

Mindestsicherung oder Sozialhilfe?

Im März 2019 wurde das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz beschlossen, mit dem die Sozialhilfe (wieder) an die Stelle der Bedarfsorientierten Mindestsicherung trat.

Geändert wurde nicht nur der Name, sondern das gesamte System der Existenzsicherung, welches in jedem Bundesland auch noch unterschiedlich umgesetzt werden kann.

Eine flächendeckende Umsetzung des Sozialhilfe-Grundsatzgesetzes in den Bundesländern ist bis heute noch nicht erfolgt. Tirol und Wien bilden Ausnahmen, da dort nach wie vor Mindestsicherungsgesetze gelten.

Der prägendste Unterschied zwischen den zwei Systemen ist, dass es früher Mindestsätze und jetzt Maximalleistungshöhen gibt.

Wer hat Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung?

  • Österreichische Staatsbürger:innen haben grundsätzlich Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung.
  • EU- bzw. EWR-Bürger:innen haben in Österreich nur dann einen uneingeschränkten Anspruch auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, wenn sie sich als Arbeitnehmer:innen in Österreich aufhalten oder schon länger als fünf Jahre in Österreich wohnen.
  • Drittstaatsangehörige haben grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, wenn sie schon mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Österreich gelebt haben.
  • Asylberechtigte haben ab dem Zeitpunkt, ab dem ihnen der Schutzstatus als Flüchtling zuerkannt wird, Anspruch auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung.
  • Subsidiär Schutzberechtigte hingegen erhalten normalerweise ausschließlich Kernleistungen der Sozialhilfe, die das Niveau der Grundversorgung nicht übersteigen.

Bekommen Asylwerber:innen in Österreich Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung?

Nein, Asylwerber:innen bekommen keine Sozialhilfe oder Mindestsicherung. Sie erhalten eine Unterstützung in Form der Grundversorgung, die weit unter dem Niveau der Mindestsicherung liegt. Sie haben während der Dauer des Asylverfahrens – und diese Verfahren dauern in der Regel jahrelang – weder freien Zugang zum Arbeitsmarkt noch haben sie einen Anspruch auf Integrationshilfe wie zum Beispiel Deutsch- oder Integrationskurse.

Genauso wenig Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung wie Asylwerber:innen haben Personen ohne tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet, ausreisepflichtige Fremde und Personen, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zumindest sechs Monaten verurteilt wurden, für den Zeitraum der Verbüßung ihrer Strafhaft in einer Anstalt (§ 8 StVG). 

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Voraussetzungen für den Bezug von Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung

Wer in Österreich Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung erhalten will, muss zum einen bereit sein, arbeiten zu gehen, und zum anderen sein Vermögen aufbrauchen.

Wer Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung beziehen will, muss seine Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Anders formuliert: Wer sich weigert arbeiten zu gehen, obwohl er oder sie die Möglichkeit dazu hätte, dem bzw. der werden Leistungen gekürzt oder komplett gestrichen. Dasselbe gilt für eine Nichtteilnahme an einem Deutschkurs oder anderen Kursmaßnahmen bzw. bei Verstößen gegen eine Integrationsvereinbarung. Ausnahmen gibt es hier, wenn zum Beispiel das Regelpensionsalter bereits erreicht wurde oder Kinderbetreuungspflichten bestehen.

Bevor Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung in Anspruch genommen werden kann, müssen eigene Einkünfte oder vorhandenes Vermögen aufgebraucht werden. Erst dann bzw. wenn sie auf das gesetzlich geregelte Niveau zurückgegangen sind, sind Leistungen aus der Sozialhilfe möglich. Ersparnisse bis zu einem Freibetrag in Höhe des Sechsfachen des Sozialhilfe-Richtsatzes für Alleinstehende (2024: 6.935,04 Euro) sind erlaubt. Wer Mindestsicherung bezieht, hat einen Vermögensfreibetrag von 5.779 Euro im Jahr 2024.

Nicht zu Einkünften oder Vermögen zählen zum Beispiel die Familienbeihilfe, der Kinderabsetzbetrag oder die Heizkostenzuschüsse aus öffentlichen Mitteln. Bestimmte Vermögenswerte sind hier ausgenommen: Gegenstände, die zur Erwerbsausübung oder Befriedigung angemessener geistig-kultureller Bedürfnisse erforderlich sind, Kraftfahrzeuge, die berufsbedingt oder auf Grund besonderer Umstände (insbesondere wegen einer Behinderung oder unzureichender Infrastruktur) erforderlich sind sowie ein angemessener Hausrat.

So hoch ist die Sozialhilfe

Mit der Einführung der Sozialhilfe wurden die bei der Mindestsicherung bestehenden Mindestbeiträge auf Maximalbeiträge umgestellt. Darüber hinaus wurde auch insbesondere die Bemessung der Leistungen für Paare geändert. Die Leistungen der Sozialhilfe liegen 2024 für Alleinlebende und Alleinerziehende bei 1.156 Euro (zwölf Mal pro Jahr) und für Paare bei 1.618 Euro. Lediglich 27 Prozent der Bezieher:innen erhielten 2022 einen Vollbezug; 73 Prozent hingegen erhielten nur eine Ergänzung bzw. Aufstockung (Teilbezug) zum vorhandenen Einkommen. Die durchschnittliche monatliche Leistungshöhe pro Person betrug daher nur 403 Euro.

Aufgrund der Aufhebung der im Sozialhilfe-Grundsatzgesetz festgelegten degressiv gestaffelten Höchstsätze für minderjährige Kinder durch den Verfassungsgerichtshof im Jahr 2019 können die Bundesländer die Kinderrichtsätze frei bestimmen. 

So viele Menschen beziehen Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung

Laut dem Integrationsbericht 2024 ist die Zahl der Sozialhilfebezieher:innen in letzten Jahren deutlich zurückgegangen – von 327.900 im Jahr 2017 auf 219.000 im Jahr 2023.

Kann sich Österreich das leisten? 

Ja. Laut Statistik Austria wurden im Rahmen der Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe der Länder und Gemeinden im Jahr 2022 972 Millionen Euro ausgegeben. Das entspricht einem Anteil von weniger als 1 Prozent der gesamten Sozialausgaben Österreichs im Jahr 2022.

Was sich Österreich hingegen nicht leisten kann, ist, die „Integrationspolitik” der letzten zehn Jahre weiterhin fortzusetzen. Aktuell sind Integrationsmaßnahmen nämlich eng an den Aufenthaltsstatus geknüpft. Konkret bedeutet das, dass während des Asylverfahrens weder ein Anspruch noch eine Verpflichtung auf Deutschkurse besteht. Zudem gibt es nicht genügend Kursplätze. Das führt dazu, dass Menschen teilweise jahrelang keine andere Möglichkeit haben, ohne Tagesstruktur herumzusitzen und zu warten.

Hier muss angesetzt werden, indem schon während des Asylverfahrens für Personen, die wahrscheinlich einen Schutzstatus bekommen, verstärkt auf Integrationsvorbereitung, wie zum Beispiel Deutschkurse, gesetzt wird. Dadurch könnte die Bezugsdauer der Mindestsicherung für Betroffene um 12 bis 18 Monate verkürzt werden.