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ginasanders, stock.adobe.com

Arbeitslosigkeit

Job weg: Frisörin aus Salzburg verliert 1.000 Euro im Monat

Niedrieges Arbeitslosengeld führt Menschen direkt in die Armut - Erhöhung längst überfällig

In Österreich sind mehr als 900.000 Menschen mindestens einmal im Jahr arbeitslos, das ist rund ein Viertel aller unselbstständig Beschäftigten. Jeden und jede kann es treffen, auch abseits einer Corona-Pandemie. All die Arbeitslosen sind aber nicht nur irgendwelche Zahlen, sondern Menschen, die teilweise Monate mit nur der Hälfte ihres vorherigen Einkommens oder noch weniger leben müssen.

Das ist vor allem für die Betroffenen eine Tragödie, für die es in vielen Fällen der direkte Weg in die Armut bedeutet. Neun von zehn Arbeitslosen sind laut einer Sora Studie arm oder stehen unmittelbar davor in Armut abzurutschen. Und davon ist auch die Wirtschaft betroffen, der dadurch ein wesentliches Potential an Kaufkraft verloren geht. Denn wer nichts hat, kann auch nichts ausgeben.

Der ÖGB fordert die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf zumindest 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens, dies sei längst überfällig. Ebenso notwendig wäre die Weiterführung der erhöhten Notstandshilfe, denn die durchschnittliche Höhe des Arbeitslosengeldes liegt mit knapp 1.000 Euro unter der Armutsgrenze.

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Frisörin verliert durch Jobverlust 1.000 Euro im Monat 

Wer zu Beginn der Krise arbeitslos wurde, zählt zu den Langzeitarbeitslosen. Damit gehen teils enorme finanzielle Verluste einher. „Zahlreiche Betroffene haben sich in den letzten Monaten verzweifelt an die Gewerkschaften gewandt und berichtet, dass sie mit dem Arbeitslosengeld nicht auskommen“, berichtet die Leitende ÖGB-Sekretärin Reischl.  „Wird das Arbeitslosengeld nicht erhöht, schickt die Politik weiter sehenden Auges Menschen in die Armut“, warnt Reischl. 

Sabine S. (50), Friseurin aus Salzburg

Eine von ihnen: die 50-jährige Sabine S. Sie war über 30 Jahre lang als ausgebildete Friseurin in Salzburg tätig. Bei einer 35-Stunden-Woche hat sie rund 1.670 Euro brutto verdient, inklusive Trinkgeld stieg sie im Schnitt mit 1.750 Euro netto aus. Bis ihr Arbeitgeber sie zu Beginn der Krise kündigen musste. Seit einem Jahr ist die Friseurin nun vergeblich auf Jobsuche. Vom AMS bekommt sie 742 Euro. Damit verliert sie ca. 1.000 Euro netto im Monat – auf das gesamte letzte Jahr gerechnet hat sie inklusive Trinkgeld 14.758 Euro verloren. 

Durchschnittliches Arbeitslosengeld unter der Armutsgrenze 

In Österreich ist das Arbeitslosengeld im Verhältnis zum letzten Nettoeinkommen mit 55 Prozent relativ niedrig. Der internationale Vergleich bestätigt dies.

Arbeitslose Menschen sind jetzt und waren auch vor der Corona-Krise stark armutsgefährdet. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld lag 2020 monatlich bei ca. 994 Euro (Tagsatz von 33,12 EUR) (Quelle: Statista), das ist deutlich unter der Armutsgrenze von 1.328 Euro für einen Einpersonen-Haushalt.

Arbeitslosengeld im internationalen Vergleich

Türkis-Grün will laut Regierungsprogramm den Anteil armutsgefährdender Menschen halbieren, dafür müssen sie auch etwas tun

„Die Aufgabe der Politik sollte sein, Menschen vor Armut zu schützen - und nicht, sie auch noch dort hineinzutreiben“, sagt Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin. „Entweder hat die Bundesregierung in den vergangenen Monaten ihre eigenen Vorhaben vergessen oder nicht ernst gemeint“, verweist Schumann auf das türkis-grüne Regierungsprogramm, in dem sich die zwei Parteien vorgenommen haben „den Anteil von armutsgefährdeten Menschen im ersten Schritt zu halbieren.“

Die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf zumindest 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens ist längt überfällig.

Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin

Davon ist nichts zu merken. „Denn wenn man dieses Vorhaben ernst nehmen würde, könnte man auf einen Schlag tausende Arbeitslose vor genau dieser Armut schützen und das Arbeitslosengeld endlich auf 70 Prozent des letzten Nettoeinkommens erhöhen.“

Kassierin verliert 670 Euro im Monat 

Auch in anderen Branchen schaut es schlecht aus: Einer Kassierin in der größten Beschäftigtengruppe im Handel – der ja nicht nur aus den während der Pandemie geöffneten Supermärkten besteht – stehen laut Kollektivvertrag im dritten Jahr ihrer Tätigkeit mindestens 1.700 Euro brutto zu. Verliert diese Kassierin aber die Arbeit – und so ist es im vergangenen Jahr leider vielen gegangen –, steht ihr nur mehr ein AMS-Tagsatz von 31,17 Euro zu, das sind 935,1 Euro netto pro Monat. Das bedeutet einen Jahres-Nettoverlust von 8.039,50 Euro oder monatlich 670 Euro.

Fast 2.000 Euro pro Monat weniger für Kellnerin

Tourismus und Gastronomie sind die von der Pandemie am stärksten betroffenen Branchen. Entsprechend viele Arbeitslose sind hier zu verzeichnen. Ein Kellner mit einem Durchschnittsverdienst von 2.500 Euro brutto und 250 Euro Trinkgeld pro Woche verdient 2.874 Euro netto im Monat. Verliert er seine Arbeit, steht ihm ein AMS-Tagsatz von 36,56 Euro zu, das sind 977 Euro netto pro Monat. Für einen der vielen arbeitslos gewordenen KellnerInnen bedeutet das einen Jahres-Nettoverlust inklusive Trinkgeld von satten 18.521,40 Euro oder monatlich 1.897 Euro.