Mitbestimmung im Betrieb
Was ist eine Behindertenvertrauensperson?
Eine Behindertenvertrauensperson vertritt die Rechte von Beschäftigten mit Behinderung im Betrieb
Chronisch kranke und behinderte Menschen gehören zu den verletzlichen Gruppen in der Arbeitswelt. Damit es durch die Arbeit nicht zu einer Verschlechterung einer Behinderung oder Krankheit kommt, müssen Betriebe daher im Besonderen für diese Arbeitnehmer:innen Sorge tragen. Dabei spielen Behindertenvertrauenspersonen (BVP) eine entscheidende Rolle. oegb.at beantwortet die wichtigsten Fragen rund um eine Behindertenvertrauensperson im Betrieb.
Gut zu wissen:
- In jedem Betrieb, in dem mindestens fünf begünstigt behinderte Arbeitnehmer:innen beschäftigt sind, ist von diesen für jeweils fünf Jahre eine Behindertenvertrauensperson zu wählen.
- Vom „Vertrauensmann“ bis zur Bezeichnung als „Behindertenvertrauensperson“ (BVP) sind mehr als 40 Jahre vergangen.
- Die Behindertenvertretung ist eine Ergänzung des Betriebsrates in jenen Bereichen, wo Menschen mit Behinderung aufgrund eigener Erfahrungen Fachexpertinnen bzw. -experten sind.
Was ist eine Behindertenvertrauensperson (BVP) und welche Aufgaben hat sie?
Eine Behindertenvertrauensperson vertritt die Rechte von Menschen mit Behinderung im Betrieb und stellt sicher, dass ihre Rechte und Bedürfnisse im Arbeitsumfeld respektiert und gefördert werden. Geht es zum Beispiel um die Gestaltung des Arbeitsplatzes eines begünstigt behinderten Arbeitnehmers, kann sich dieser vertrauensvoll an die BVP wenden. Zusammen mit ihr werden Lösungen und notwendige Schritte besprochen und eingeleitet. Aber auch wenn es Probleme mit Vorgesetzten oder Kolleginnen und Kollegen gibt, unterstützt die BVP, führt Gespräche und sucht nach Lösungen.
Wer kann BVP werden?
Aus mindestens fünf begünstigten behinderten Beschäftigten, die dauerhaft im Betrieb angestellt sind, kann eine BVP gewählt werden. Diese muss am Tag der Wahl und der Wahlausschreibung im Betrieb beschäftigt sein, und das seit mindestens sechs Monaten. Zusätzlich muss sie das 18. Lebensjahr vollendet haben.
Wann findet die Wahl zur BVP im Betrieb statt?
Die Wahl der Behindertenvertrauensperson und ihrer Stellvertreter:innen sollte bestmöglich gemeinsam mit der Betriebsratswahl stattfinden. Wie die Wahl zur BVP genau funktioniert, kann man hier nachlesen.
Für wie lange wird eine BVP gewählt?
Die Tätigkeitsdauer einer BVP beträgt wie die des Betriebsrates fünf Jahre. Sie beginnt mit der Annahme der Wahl oder mit Ablauf der Tätigkeitsdauer der früheren Behindertenvertretung, wenn die Annahme der Wahl vor diesem Zeitpunkt erfolgte.
Im Betrieb gibt es einen Betriebsrat. Warum ist dann eine BVP überhaupt erforderlich?
Der Betriebsrat vertritt alle im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer:innen. Sozialpolitisch ist es aber sinnvoll, auch eine BVP zu wählen, da die BVP selbst dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört und aufgrund der Selbstbetroffenheit ein besonderes Verständnis für die Anliegen der Arbeitnehmer:innen mit Behinderung hat.
Außerdem: Die Behindertenvertretung ist eine aktive Ergänzung des Betriebsrates bzw. der Personalvertretung in jenen Bereichen, wo Menschen mit Behinderungen aufgrund eigener Erfahrungen Expertinnen und Experten sind.
Wie läuft die Ausbildung für Behindertenvertrauenspersonen ab?
Es gibt einen Lehrgang für Behindertenvertrauenspersonen, der aus vier Modulen besteht. Das erste Modul vermittelt ein umfassendes Basiswissen zur Rolle der Behindertenvertrauensperson im Betrieb oder in der Dienststelle. Das Modul 2 konzentriert sich auf die Entwicklung sozialer Kompetenzen.
Im Modul 3 werden sozialrechtliche und behindertenrelevante Gesetze und Regelungen vertieft. Im Modul 4 werden unterschiedliche Seminare mit aktuellen Fragestellungen angeboten, die je nach Interessenslage besucht werden können. Genauere Informationen zur Ausbildung gibt es hier.
Wie lange dauert die Ausbildung einer Behindertenvertrauensperson und müssen Unternehmen die Auszubildenden in dieser Zeit freistellen?
Die einzelnen Module dauern zwischen zwei und fünf Tagen. Eine BVP hat innerhalb einer Funktionsperiode Anspruch auf eine Bildungsfreistellung bis zu einem Höchstausmaß von drei Wochen. Es ist daher möglich alle Module in einer Funktionsperiode abzuschließen.
In Betrieben mit mehr als 200 begünstigt behinderten Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeitern besteht sogar die Möglichkeit die BVP bis zu einem Jahr für Ausbildungsmaßnahmen freizustellen. Sind im Betrieb weniger als 20 Arbeitnehmer:innen beschäftigt, so hat die BVP zwar Anspruch auf die Freistellung zum Zwecke der Weiterbildung, allerdings ist der Arbeitgeber nicht zur Fortzahlung des Entgeltes verpflichtet.
Mit welcher Unterstützung kann die BVP rechnen?
Neben der Unterstützung durch Arbeitgeber und Betriebsrat kann die BVP auch auf einige Hilfen des Gesetzgebers zurückgreifen. Dazu zählen beispielsweise das Arbeitnehmer:innenschutzgesetz (ASchG), das Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) oder tätigkeitsspezifische Verordnungen wie die Bildschirmarbeitsverordnung. Auch Präventionsdienste - wie Sicherheitsfachkräfte, Arbeitsmediziner:innen oder Arbeits- und Organisationspsychologinnen bzw. -psychologen - helfen im Bedarfsfall, die Arbeit sicherer und gesünder zu gestalten.
Gibt es Weiterbildungsangebote für Behindertenvertrauenspersonen?
Grundsätzlich steht das gesamte Bildungsangebot des VÖGB den BVP offen.
Speziell für BVPs bietet der VÖGB ein jährliches „Follow up“ an. Auch die jährliche Inklusionstagung der Gewerkschaft vida in Kooperation mit dem ÖGB und AK ist für Behindertenvertrauenspersonen relevant.