Karenz
Papamonat für alle bei vollem Lohnausgleich
ÖGB-Vizepräsidentin Korinna Schumann im Interview anlässlich des fünfjährigen Jubiläums des Rechtsanspruchs auf einen Papamonat
Seit fünf Jahren haben alle Väter in Österreich nicht nur die Möglichkeit, sondern auch das Recht auf einen Papamonat. Damit können sie die wertvollen ersten Wochen ihres Kindes miterleben und ihre Partnerin unterstützen. Dieser Erfolg wurde nur möglich, weil die ÖGB Frauen unermüdlich dafür gekämpft haben. Sie haben immer wieder lautstark die Ungerechtigkeit angeprangert, dass eine Vielzahl der Väter diese Zeit mit ihren Familien nicht verbringen konnten. Ihr Einsatz hat sich gelohnt und vielen Familien die gemeinsame Zeit geschenkt, die sie verdient haben.
Für diese erste Zeit mit ihrer Familie können Väter für vier Wochen den Familienzeitbonus, also eine Geldleistung während des Papamonats, beziehen. Genutzt wurde diese Möglichkeit aber bislang kaum. Woran das liegt, lässt sich leicht erklären: Die Höhe des Familienzeitbonus ist viel zu gering und viele Familien können es sich einfach nicht leisten, auf das Gehalt der Väter zu verzichten. So betrug der Familienbonus anfangs lediglich 700 Euro und wurde dann sogar bei einem späteren Bezug von Kinderbetreuungsgeld wieder abgezogen. Die ÖGB Frauen haben das von Anfang an kritisiert, mittlerweile hat die Familienministerin das auch eingesehen und das Modell überarbeitet.
Laut einer Studie des Österreichischen Instituts für Familienforschung lag die Zielvorgabe für Beantragungen des Familienzeitbonus bei 32.800 Vätern pro Jahr. In der Realität nutzten in den Jahren 2019 und 2020 aber nur 6.000 Väter diese Möglichkeit. Zwar ist die Zahl in den darauffolgenden Jahren gestiegen, von der Zielvorgabe ist man aber immer noch weit entfernt. Und auch die Daten des Wiedereinstiegsmonitorings der Arbeiterkammer zeigen, dass die Anreize für eine partnerschaftliche Teilung der Karenz bisher zu gering waren. In acht von zehn Partnerschaften nehmen nämlich nur Frauen die Karenz in Anspruch nehmen.
Im Interview mit oegb.at zieht Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin und -Frauenvorsitzende, eine Zwischenbilanz zum Papamonat in Österreich und erklärt, was aus Sicht der ÖGB Frauen noch notwendig ist, um die Aufteilung der Kinderbetreuung gerechter zwischen den Geschlechtern aufzuteilen.
Seit 1. September 2019 ist der Rechtsanspruch auf den Papamonat in Kraft – eine langjährige Forderung der ÖGB-Frauen. Warum war das so wichtig?
Korinna Schumann: Wir haben uns jahrelang dafür eingesetzt und immer wieder betont, dass ein Papamonat ohne Rechtsanspruch nur die halbe Miete ist. Mit dem Rechtsanspruch haben alle Väter – unabhängig davon, wo und wie lange sie im Betrieb sind – die Chance, die ersten Wochen mit ihrem Kind zu verbringen. Für die Vater-Kind-Bindung ist das enorm wichtig.
Der Weg zum Rechtsanspruch war kein einfacher. Woran lag das?
Schumann: Von der türkis-blauen Regierung wurde das Thema monatelang auf die lange Bank geschoben. Immer wieder wurde der Papamonat versprochen, dann aber wieder verschoben oder abgesagt. Vielfach mit der Begründung, man müsse auf die Interessen der Wirtschaft Rücksicht nehmen. Aus unserer Sicht absolut unverständlich, weil der Papamonat grundsätzlich keine Kosten für die Betriebe verursacht und auch der Zeitpunkt für den Papamonat gut planbar ist. Dass der Rechtsanspruch auf den Papamonat dann im Juli 2019 im Nationalrat beschlossen wurde, war somit ein großer Erfolg, der vor allem dem unermüdlichen Einsatz der ÖGB Frauen zu verdanken ist.
Viele Väter entscheiden sich oft aus finanziellen Gründen gegen den Papamonat. Wie kann man dem entgegenwirken?
Schumann: Der Rechtsanspruch auf den Papamonat war ein erster wichtiger Schritt, um wirklich allen Vätern die gleiche Chance auf einen Papamonat zu ermöglichen. Wir haben aber auch von Anfang an gesagt, dass über eine Weiterentwicklung nachgedacht werden muss. Denn nicht nur der Familienzeitbonus war viel zu gering, auch die Regelung, den Familienzeitbonus vom späteren Kinderbetreuungsgeld abzuziehen, war absolut kontraproduktiv. Die Familienministerin hat aber erst relativ spät reagiert, erst ab 2023 wurde der Abzug vom Kinderbetreuungsgeld abgeschafft und der Familienbonus erhöht. Dieser beträgt derzeit 52,46 Euro pro Tag, also bis zu 1.626,26 Euro pro Monat. Aus unserer Sicht ist das aber noch immer viel zu wenig. Wir werden daher in unserer Forderung nach einem vollen Lohn- und Gehaltsausgleich nicht nachlassen. Außerdem brauchen wir dringend eine Erhöhung des Partnerschaftsbonus von derzeit 500 Euro pro Elternteil auf 1.000 Euro. In Zeiten der Teuerung können Eltern dieses Geld gut gebrauchen. Und nur so wird es uns gelingen, den Papamonat für mehr Väter und Familien attraktiv zu machen und dadurch die Väterbeteiligung erhöhen.
Welche weiteren Maßnahmen braucht es, um Vätern die Möglichkeit zu geben, mehr Zeit mit ihren Kindern zu verbringen?
Schumann: Um eine höhere Väterquote zu erreichen, braucht es neben dem Papamonat zusätzliche Anreize. Gemeinsam mit der Arbeiterkammer hat der ÖGB das Familienarbeitszeitmodell entwickelt, um eine partnerschaftliche Teilung der Sorgearbeit zu unterstützen. Dieses sieht eine finanzielle Unterstützung von 350 Euro pro Elternteil vor, wenn beide Elternteile zwischen 28 und 32 Stunden pro Woche arbeiten. Mit dem Familienarbeitszeitmodell verdienen Mütter besser und Vätern bleibt mehr wertvolle Zeit für ihre Kinder. Eine künftige Regierung, die die Väterbeteiligung wirklich voranbringen möchte, sollte sich am ÖGB/AK-Familienarbeitszeitmodell orientieren und es umsetzen.