Arbeitsrecht
Unwetter und Überflutungen: Darf ich von der Arbeit fernbleiben?
Wir beantworten die wichtigsten Fragen, wenn Starkregen, Überschwemmungen oder Muren am Arbeiten hindern
Wenn es ohne Ende schüttet, stürmt oder schneit, dann kann der Weg in die Arbeit sehr mühsam aber oft auch unmöglich sein.
Viele Arbeitnehmer:innen wissen nicht, wie sie ihren Arbeitsplatz erreichen sollen - etwa wenn Straßen wegen Schneemassen, Hochwasser oder Muren nicht befahrbar sind oder öffentliche Verkehrsmittel ausfallen.
1. Was habe ich zu befürchten, wenn ich aufgrund von Wetterkapriolen nicht in die Arbeit komme?
Wer aufgrund von Naturereignissen wie heftigen Schneefällen, schweren Unwettern, Überflutungen oder Murenabgängen gar nicht oder nicht pünktlich zur Arbeit kommen kann, braucht keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen zu fürchten.
„Es handelt sich um einen Verhinderungsgrund, der das Fernbleiben rechtfertigt“, so ÖGB-Arbeitsrechtsexperte Michael Trinko.
Allerdings: Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin muss aber alles ihm bzw. ihr Zumutbare unternehmen, um den Arbeitsplatz rechtzeitig zu erreichen.
Einfach daheim bleiben, geht nicht. Außerdem muss der Arbeitgeber vom Zuspätkommen oder der Verhinderung informiert werden.
2. Was heißt "alles Zumutbare" unternehmen?
Das kommt natürlich immer auf die Situation drauf an, aber wenn der Wetterbericht am Vorabend starken Schneefall oder Regenfälle vorhersagt, musst du früher als sonst von zuhause losfahren.
Ist ein Wetterchaos abzusehen, dann musst du versuchen, auf ein anderes Verkehrsmittel umzusteigen - z. B. auf den Zug.
3. Kindergärten und Schulen sind geschlossen - was mache ich?
Wenn im Katastrophenfall der Kindergarten oder die Schule geschlossen bleiben und niemand anderes zur Betreuung infrage kommt, dann ist die Lage eindeutig:
Man ist verpflichtet, die Fürsorgepflicht wahrzunehmen und kann in dieser Zeit mit dem Kind zu Hause bleiben – man muss weder Urlaub oder Zeitausgleich nehmen.
4. Kann ich meinen Job verlieren, wenn ich wegen des Wetters zu spät in die Arbeit komme?
Nein. Wenn ich alles Zumutbare unternommen habe, um rechtzeitig zu meinem Arbeitsplatz zu kommen, es aber nicht möglich ist, kann der Arbeitgeber eine Verspätung oder das Fernbleiben auch nicht zum Anlass für eine Entlassung nehmen.
Wichtig: Einfach daheim bleiben, geht nicht. Ich muss dem Arbeitgeber auch Bescheid geben, dass ich zu spät oder gar nicht kommen kann.
5. Kann mich mein Arbeitgeber zwingen, einen Urlaubstag zu nehmen, wenn ich wegen des Wetters nicht in die Arbeit kommen kann?
Nein. Wenn man alles Zumutbare unternommen hat, um in die Arbeit zu kommen, es aber nicht möglich ist, muss ich keinen Urlaubstag nehmen.
6. Bekomme ich trotzdem mein Geld, wenn ich nicht in die Arbeit kommen kann?
Ja, in den genannten Fällen gibt es die gesetzlich geregelte Entgeltfortzahlung - du bekommst also weiter deinen Lohn oder dein Gehalt.
7. Wenn mein Arbeitsplatz überflutet ist und die Produktion stillsteht bzw. dort nicht gearbeitet werden kann, muss ich trotzdem hinkommen?
Ja. Wenn es mir möglich ist, meinen Arbeitsplatz zu erreichen, dann muss ich auch hinkommen und meine Arbeitsleistung anbieten.
Am Arbeitsplatz selbst muss ich aber nicht notwendigerweise jene Tätigkeiten ausführen, die ich sonst immer mache, sondern kann z. B. auch verpflichtet werden, beim Aufräumen zu helfen.
8. Wenn die Arbeit an meinem Arbeitsplatz z. B. aufgrund der Wassermassen nicht gemacht werden kann und mein Arbeitgeber mir Bescheid gibt, dass ich nicht kommen muss, wird mir dann Urlaub abgezogen? Bekomme ich weiterhin mein Geld?
Ist das der Fall, wird kein Urlaub abgezogen und man bekommt auch weiterhin sein Entgelt.
9. Wie muss ich mich verhalten, damit mir generell weiter mein Lohn oder Gehalt bezahlt wird?
Wie oben erwähnt – man muss zu seinem Arbeitsplatz kommen (wenn das möglich ist) und seine Arbeitsbereitschaft signalisieren. Einfach zuhause bleiben, geht nicht.
10. Kann es verpflichtendes Homeoffice für mich geben?
Nein, das geht nicht. Homeoffice kann nicht angeordnet werden.
Allerdings: Wenn der Arbeitgeber sagt, dass im Betrieb nicht gearbeitet werden kann und darum ersucht, dass von zuhause gearbeitet wird, empfehlen wir es zu tun.
11. Muss ich den Arbeitgeber unterstützen, damit der Betrieb wieder aufgenommen werden kann?
Ja, muss ich. Darunter fallen etwa auch Aufräumarbeiten. Das fällt unter die sogenannte „Treuepflicht“.
12. Wie sieht es mit Versicherungsschutz aus?
Wer im Zuge der derzeitigen Unwetter und Aufräumarbeiten bei Hilfestellungen einen Unfall erleidet, ist versichert. Unfälle im Zusammenhang mit diesen Hilfeleistungstätigkeiten sind Arbeitsunfällen gleichgestellt.
Ehrenamtliche Mitglieder und freiwillige Helfer von im Gesetz (ASVG) aufgezählten Hilfsorganisationen (z. B. Freiwillige Feuerwehr, Rotes Kreuz, Wasser-Rettung, Bergrettungsdienst) stehen im Rahmen von Einsätzen unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Aber auch andere Personen, die im Unglücksfall oder bei allgemeiner Not und Gefahr Hilfe leisten, sind für diese Tätigkeit durch die gesetzliche Unfallversicherung geschützt.