Fahrradbotinnen und Fahrradboten
Sie liefern unser Essen – aber wie geht es ihnen dabei?
Studie beweist: Essenszusteller:innen sind mit dem Job zufrieden, aber nicht mit dem Geld
Die radelnden Botinnen und Boten von Lieferando, Mjam und Co. kennen wir alle – österreichweit strampeln sich rund 4.500 für uns ab und liefern unser Essen. Wie schaut es aber mit ihren Arbeitsbedingungen, ihrer Zufriedenheit im Job und ihrer Einstellung zu Gewerkschaften aus?
Antworten liefert eine wissenschaftliche Studie durchgeführt vom Europäischen Zentrum für Wohlfahrtspolitik und Sozialforschung und unterstützt von ÖGB, der Gewerkschaft vida sowie der AK Wien.
Wer in der Branche arbeitet
Männlich, um die 30 Jahre alt, nicht in einer Ausbildung – das ist das Profil des durchschnittlichen Fahrradboten in Österreich, wie die Studie unter rund 300 Zusteller:innen zeigt.
8 von 10 sind Männer, nur rund 15 Prozent Frauen. Die meisten Zusteller:innen kommen aus Österreich, Deutschland, Ungarn, Italien oder Rumänien.
Die befragten Botinnen und Boten sind mit den Arbeitsbedingungen mehrheitlich eher zufrieden, bei der Bezahlung ist es genau umgekehrt – hier dominiert die Unzufriedenheit.
Mehrheit sind freie Dienstnehmer:innen
60 Prozent der Befragten sind freie Dienstnehmer:innen, rund 33 Prozent Angestellte. Laut Umfrage wissen viele Fahrer:innen nicht über ihre Arbeitsrechte Bescheid. Nur die Hälfte der Befragten hat schon vom Kollektivvertrag für Fahrradbotinnen und Fahrradboten gehört.
Der Einstiegslohn im Kollektivvertrag für Fahrradbotinnen und -boten liegt derzeit bei 1.730 Euro brutto. Im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen im Winter 2023 haben die Arbeitgeber aber bisher nur miese Angebote vorgelegt: "Sie gönnen den Beschäftigten nicht einmal eine Teuerungsabgeltung", kritisiert Toni Pravdic, KV-Verhandlungsleiter der Gewerkschaft vida.
Verständlicherweise drückt das auf die Motivation der Beschäftigten, die mit ihren Nettolöhnen derzeit knapp an der aktuellen Armutsgrenze liegen. Die Armutsgrenze ist für Österreich aktuell mit nicht ganz 1.400 Euro bemessen.
Oft kein Nebenjob oder Hobby
Über 60 Prozent der Befragten arbeiten mehr als 16 Wochenstunden und sind auf das Einkommen aus dieser Arbeit angewiesen, um ihre Rechnungen zu bezahlen, rund ein Viertel unterstützt mit ihrem Einkommen Familienangehörige.
„Wir sind hier in einer Niedriglohnbranche und ganz viele müssen nicht nur sich, sondern auch ihre Familie von dem Job ernähren. Das hat damit zu tun, dass es eine sehr niederschwellige Arbeit ist und viele in andere Jobs gar nicht hineinkommen. Für sie ist es kein bezahltes Hobby oder Nebenjob, sondern es ist ihr Beruf. Sie leben davon und dem gehört entsprechend Respekt gezollt“, erklärt Robert Walasinski, ÖGB-Experte für Plattformarbeit.
Beleidigt, schikaniert und bedroht
Besonders alarmierend ist laut Studie, dass die Essenszusteller:innen oft mit gefährlichen und unwürdigen Arbeitssituationen konfrontiert sind.
84,2 Prozent der RiderInnen haben schon gefährliche Situationen im Straßenverkehr erlebt, jede/r Zweite/r wurde verbal erniedrigt, beleidigt oder bedroht. Mehr als ein Drittel der weiblichen Rider berichten von unerwünschten sexuellen Annäherungsversuchen.
Das könne auch eine Erklärung sein, warum der Anteil an weiblichen Zustellern mit 15,5 Prozent ausgesprochen niedrig ist. „Frauen in dieser Tätigkeit werden oft allein gelassen und von Seiten der Unternehmen wird viel zu wenig getan“, kritisiert Walasinski.
Gewerkschaften als starke Partner
Einen erfreulichen Punkt offenbart die Studie: Ein Fünftel der Befragten ist Gewerkschaftsmitglied. 4 von 10 wollen demnächst einer Gewerkschaft beitreten.
Unterstützung wünschen sich die meisten Fahrer:innen vor allem bei ihrer Bezahlung, ihren Arbeitsbedingungen und sowie auch beim Thema Kündigungsschutz.