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Das muttersprachliche Beratungsangebot des ÖGB wird in vielen verschiedenen Sprachen angeboten.

Antidiskriminierung

18. Dezember: Tag der MigrantInnen

MigrantInnen ohne Deutschkenntnisse werden leichter Opfer von Ausbeutung – deshalb gibt es vom ÖGB gezielte Unterstützung

Heute ist der „Internationale Tag der Migranten“. Der Tag macht darauf aufmerksam, dass es weltweit viele Millionen Menschen gibt, die ihr Zuhause verlassen haben und nun woanders leben – und arbeiten. Aus diesem Grund hat oegb.at bei Bertold Dallos, muttersprachlicher Berater im ÖGB Burgenland, nachgefragt, mit welchen Problemen MigrantInnen am Arbeitsplatz am häufigsten konfrontiert sind. 

oegb.at: Du stehst täglich im Kontakt mit ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund. Mit welchen Problemen am Arbeitsplatz sind sie am häufigsten konfrontiert?

Bertold Dallos: Bei den Beratungen können wir in fast jedem Fall eine Unterentlohnung feststellen. Das reicht von der falschen Einstufung bis hin zur Nichtzahlung von Überstunden, Zulagen oder Sonderzahlungen. Weit verbreitet ist aber auch die falsche Anmeldung bei der Sozialversicherung. Das heißt, ArbeitnehmerInnen werden später angemeldet oder während des laufenden Dienstverhältnisses auf weniger Stunden umgemeldet.
Weitere Problempunkte sind Arbeitszeit oder Urlaub. Oft entspricht die tatsächliche Arbeitszeit nicht dem Vereinbarten und der Urlaub wird etwa in der Landwirtschaft oft nicht bezahlt, sondern nur die tatsächliche Arbeitszeit. Der Krankenstand nach einem Arbeitsunfall ist ein weiterer Bereich, wo sich viele Dienstgeber Kosten ersparen wollen.

Sprachbarrieren führen zu Schwierigkeiten am Arbeitsplatz.

Bertold Dallos, Berater im ÖGB Burgenland

oegb.at: Wieso lassen sich das MigrantInnen gefallen?

Dallos: Da die meisten MigrantInnen sich weder mit der Sprache noch mit ihren Rechten und Pflichten auskennen, verlassen sie sich oft darauf, was ihnen der Dienstgeber sagt oder vorschreibt. Sie unterschreiben Unterlagen, ohne den Inhalt zu verstehen. Daher können sie auch viel leichter Opfer von Ausbeutung werden als heimische ArbeitnehmerInnen.

oegb.at: Wie kann der ÖGB betroffene ArbeitnehmerInnen unterstützen?

Dallos: Die muttersprachliche Beratung ist ein sehr wichtiges und wirksames Instrument. Denn für MigrantInnen ist die sprachliche Hürde oft die größte. Wenn wir diese beseitigen, können wir Vertrauen aufbauen.
Aber es ist auch wichtig, MigrantInnen in den Betrieben anzusprechen. Damit können wir Spannungen zwischen ihnen und den heimischen ArbeitnehmerInnen vorbeugen, die oft nur durch die sprachliche Barriere entstehen. Das nutzen Dienstgeber mit Vorliebe aus, um zum Beispiel gegen den Betriebsrat vorzugehen.

oegb.at: Wie viele muttersprachliche Beratungen wurden insgesamt dieses Jahr im ÖGB Burgenland durchgeführt?

Dallos: Genaue Zahlen für dieses Jahr haben wir noch nicht. Im Durchschnitt beraten wir aber monatlich 350 bis 450 Personen. Im Jahr sind das also zirka 4.000 bis 5.000 Beratungen.

Ich wünsche mir, dass migrantische ArbeitnehmerInnen nicht als billige Arbeitskräfte angesehen werden.

oegb.at: Beobachtest du große Unterschiede im Verhalten der Arbeitgeber gegenüber MigrantInnen mit nicht ausreichenden Deutschkenntnissen und jenen, die der deutschen Sprache mächtig sind?

Dallos: Jein, das lässt sich nicht so einfach beantworten. Nein, weil in Betrieben, in denen im selben Bereich ÖsterreicherInnen und MigrantInnen arbeiten, werden entweder alle korrekt oder alle nicht korrekt entlohnt.
Und ja, weil Unterschiede in jenen Bereichen gemacht werden, in denen nur MigrantInnen arbeiten und sie keinen Vergleich haben. Am schlimmsten sind Betriebe, die fast ausschließlich MigrantInnen beschäftigen. Hier gehört Lohndumping zur Geschäftspraxis – und zwar im großen Stil.

oegb.at: Was sind deine Wünsche für ein besseres Miteinander zwischen Arbeitgebern und ArbeitnehmerInnen mit Migrationshintergrund?

Dallos: Grundsätzlich wünsche ich mir, dass migrantische ArbeitnehmerInnen nicht als billige Arbeitskräfte und als kostensenkender Faktor in der Betriebsbilanz angesehen, sondern als gleichwertige MitarbeiterInnen behandelt werden.
Aber zurück auf den Boden der Tatsachen: Leider ist das zurzeit noch eine Utopie, und deshalb ist die Rolle der Gewerkschaft – gemeinsam mit allen Sozialpartnern und arbeitsmarktrelevanten Behörden – immens wichtig, um die herrschenden Missstände aufzuzeigen und dagegen anzukämpfen. Denn Ungleichheit am Arbeitsmarkt, soziale Spannungen und Existenzängste können langfristig die Gesellschaft und den Sozialstaat schwächen.

Muttersprachliche Beratung im ÖGB
Die muttersprachliche Beratung des ÖGB unterstützt Menschen, die in Österreich arbeiten und die deutsche Sprache nicht ausreichend beherrschen. Hilfe gibt es bei arbeits- und sozialrechtlichen Fragen, aber auch wenn es darum geht, eigene Rechte einzufordern.
Die Beratungen finden in den Sprachen Arabisch, Bulgarisch, Kurdisch, Rumänisch, Türkisch und Ungarisch statt und sind für ÖGB-Mitglieder kostenlos. Hier geht es zu den Beratungsangeboten des ÖGB