Geschlechtergerechtigkeit
Einkommensunterschied: Ein 10-Jahres-Vergleich
Trotz vieler Erfolge verdienen Frauen immer noch 20 Prozent weniger als Männer
Frauen verdienen heute mehr als noch vor zehn Jahren. Aber der Weg zum gleichen Einkommen für Männer und Frauen ist noch weit. Denn Frauen in Österreich bekommen heute immer noch rund 20 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen - für gleichwertige Arbeit. Ein 10 Jahres-Vergleich zeigt, dass der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern noch viele Jahre ein Problem sein wird, wenn es in diesem Schneckentempo weitergeht.
Vergleich gibt Gewerkschaften recht
Im Rückblick sieht man, was sich im vergangenen Jahrzehnt bei der Lohngerechtigkeit getan hat: Mit Ausnahme der Jahre 2010/2011 und 2017/2018 hat sich die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen in den letzten zehn Jahren um weniger als einen Prozentpunkt pro Jahr verringert. Zwischen 2015 und 2016 gab es überhaupt keine Verbesserung. Wenn es im Tempo der letzten zehn Jahre weitergeht, braucht es noch 50 Jahre zu einer echten Einkommensgerechtigkeit.
Einkommensberichte als wirksames Mittel
Im Jahr 2011 ist der Einkommensnachteil für Frauen im Vergleich zum Vorjahr um 1,3 Prozent zurückgegangen, also mehr als doppelt so stark wie in den Jahren zuvor und danach. Das lässt sich damit erklären, dass 2011 Einkommensberichte eingeführt wurden, wodurch viele Firmen begonnen haben auf gerechtere Löhne zu achten. „Die Entwicklung der Einkommensunterschiede gibt den Gewerkschaften recht. Um die Lohnschere schneller zu schließen, müssen die Einkommensberichte weiterentwickelt werden“, fordert Korinna Schumann, ÖGB-Vizepräsidentin.
Was sind Einkommensberichte?
Seit 2011 sind Arbeitgeber verpflichtet, einen Einkommensbericht zu erstellen. Dieser soll aufzeigen, wie Frauen und Männer im Betrieb eingestuft sind und was sie durchschnittlich für ihre Arbeit bezahlt bekommen. Beinhalten muss der Bericht daher die Anzahl der Frauen und Männer in den jeweiligen Verwendungsgruppen und das Durchschnittsgehalt von Frauen und Männern in den jeweiligen Verwendungsgruppen.
Der Bericht muss in anonymisierter Form erstellt werden und darf keine Rückschlüsse auf Einzelpersonen zulassen. Außerdem muss er dem (Zentral-)Betriebsrat übergeben werden. Besteht kein Betriebsrat, muss der Bericht in einem Raum aufgelegt werden, der für alle ArbeitnehmerInnen zugänglich ist.
Aktuell müssen Betrieben mit mehr als 150 ArbeitnehmerInnen einen Einkommensbericht erstellen.
Einkommensberichte nur in Großunternehmen sind den ÖGB-Frauen zu wenig. „Wir fordern verpflichtende Einkommensberichte in Unternehmen ab 100 ArbeitnehmerInnen sowie die Ausweitung auf alle Dienstgeber – auch Länder und Gemeinden“, betont die ÖGB-Vizepräsidentin. Außerdem sollen Firmen, die keinen Einkommensbericht erstellen, spürbare Sanktionen drohen – etwa hohe Geldstrafen.
Eine Frage der Fairness
Mit Hilfe der Einkommensberichte können die Unternehmen ihre Einkommensstruktur durchleuchten und Diskriminierungen beseitigen. Zugleich geben Einkommensberichte auch den ArbeitnehmerInnen die Möglichkeit, ihre Gehaltssituation zu überprüfen. „Viele Frauen wissen gar nicht, dass ihre Kollegen für gleichwertige Arbeit mehr verdienen und können sich daher gegen diese Diskriminierung gar nicht wehren und ihr Recht durchsetzen“, erklärt Schumann.
Einkommensbericht: Was Beschäftigte beachten müssen?
ArbeitnehmerInnen sind zur Verschwiegenheit über den Inhalt des Einkommensberichts verpflichtet. Eine Beratung oder Rechtsauskunft bei der Arbeiterkammer oder Gewerkschaft oder die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung von Ansprüchen nach dem Gleichbehandlungsgesetz stehen dem nicht entgegen.