Lehre und Ausbildung
Berufswahl bestimmt Einkommen
Einkommensunterschiede zeichnen sich bereits in der Lehrlingsausbildung ab
In Österreich liegt der sogenannte Gender Pay Gap mit 19,9 Prozent Lohnunterschied über dem EU-Durchschnitt von 16 Prozent. Rechnet man Teilzeitarbeitende dazu, liegt der Unterschied beim Verdienst bei 37,3 Prozent brutto im Jahr. Ein Grund warum Frauen weniger verdienen als Männer liegt darin, dass sie sich häufig für Berufe entscheiden, die schlechter bezahlt werden.
Unterschied in Bezahlung beginnt bei der Wahl des Lehrberufes
Laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer sind die Top-3-Lehrberufe von jungen Frauen seit Jahren: Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin. 43,3 Prozent entscheiden sich für diese Berufe, deren Einstiegsgehälter mit weniger als 2.000 Euro brutto niedriger als in anderen Branchen sind. Mehr als ein Drittel der jungen Männer hingegen wählt eine Ausbildung zum Metall-, Elektro- oder Kfz-Techniker. In diesen drei beliebtesten Lehrberufen gibt es laut AMS-Gehaltskompass nach Lehrabschluss ein durchschnittliches Brutto-Einstiegsgehalt von über 2.130 Euro im Monat. Die Wahl des Lehrberufes wirkt sich somit langfristig auf die Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen aus.
Einkommensschere öffnet sich langsam
Schon zu Beginn der Lehrzeit sind die Gehalts-bzw. Lohnunterschiede sichtbar, wenn auch noch relativ gering. Im ersten Lehrjahr liegen die meisten Lehrlingsentschädigung zwischen 600 und 700 Euro. Dafür steigen die Lehrlingsentschädigungen in technischen und handwerklichen Berufen tendenziell stärker. Ausreißer gibt es etwa beim Lehrberuf KonditorIn (400 Euro), FrisörIn (490 Euro) und bei MaurerInnen mit 963 Euro im ersten Lehrjahr.
Breiteres Lehrstellenangebot
Der Einzelhandel ist mit rund 14.000 Lehrstellen der größte Lehrstellenanbieter in Österreich. Zum Vergleich: Insgesamt gibt es rund 100.000 Lehrstellen in Österreich und 200 verschiedene Lehrberufe. Und auch Frisöre gibt es in jedem kleinen Ort. Susanne Hofer, Vorsitzende der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ), weiß, dass es im Handel, Tourismus und im Bereich Frisör und Kosmetik viel Angebot gibt. Da liege es für viele junge Frauen nahe, sich dort, um eine Lehrstelle umzusehen. Viele Lehrberufe würden nicht überall angeboten werden, von einer echten Wahlfreiheit könne nicht gesprochen werden, sagt Hofer.
Intensive Berufsinformation
Die Vorsitzende der ÖGJ plädiert außerdem für eine intensive Berufsorientierung als Lehrinhalt in den Pflichtschulen. „Junge Menschen müssen in ihren Stärken und Talenten gefördert werden. Und vor allem bei Mädchen muss das Interesse an den sogenannten MINT-Berufen geweckt werden.“
Auch die Arbeitgeber müssen dazu lernen. Denn noch immer sind nicht alle bereit, Mädchen in der Bauwirtschaft oder im technischen Bereich einzustellen. „Wir hören, dass Mädchen für eine Mechaniker-Lehre abgelehnt werden, weil es keine Sanitäranlagen für sie gibt. Das kann nicht sein“, so Hofer. „Damit die Facharbeit attraktiver wird und bleibt, müssen die Unternehmen in die Ausbildungsqualität und Frauenförderung investieren. Je mehr Frauen technische Berufe ergreifen, desto besser werden auch die Rahmenbedingungen für sie. Und damit steigt auch ihr Einkommen.“