Lehrausbildung
So bewerten Lehrlinge ihre Ausbildung
Große Umfrage der Österreichischen Gewerkschaftsjugend unter BerufsschülerInnen zeigt Handlungsbedarf auf – Ergebnisse zum Downloaden
Die duale Ausbildung ist ein wesentlicher und wichtiger Bildungsweg für junge Menschen und deren Zukunft. International rühmt sich Österreich für die großartige Ausbildung in den Betrieben und dient als Vorzeigeland, was die betriebliche Ausbildung betrifft. Doch vor allem in der Pandemie wurden die Bedürfnisse der Lehrlinge oft nicht berücksichtigt.
Die Ergebnisse der Online-Umfrage der Österreichischen Gewerkschaftsjugend (ÖGJ) unter BerufsschülerInnen in ganz Österreich zeigen: Die (theoretische) Lehrausbildung muss attraktiver werden.
Lehrabschlussprüfung (LAP) modernisieren
Die Lehrabschlussprüfung ist eine wichtige und große Prüfung zum Abschluss der gesamten Lehrausbildung. 73 Prozent aller Befragten finden es zum Beispiel nicht fair, dass es keine Erleichterungen bzw. Verbesserungen bei der Lehrabschlussprüfung geben soll. Drei von vier Lehrlingen wollen auch, dass die LAP in vertrauter Umgebung am Berufsschulstandort stattfindet.
Aufgrund steigender Herausforderungen und steigendem Druck fordert die ÖGJ mehr Vorbereitungskurse, die während der Arbeitszeit angeboten und absolviert werden können. Und sie unterstützt den Wunsch der Lehrlinge, dass die Prüfung in gewohnter Umgebung am Berufsschulstandort stattfinden soll.
Berufsschulausstattung dürftig
Nur mit den modernsten Geräten können Lehrlinge auch für die Zukunft qualitativ und hochwertig ausgebildet und auf die Arbeitswelt vorbereitet werden. Laut der Umfrage sind aber nur 41 Prozent der Befragten mit der gesamten Schulausstattung sehr zufrieden oder zufrieden. Demgegenüber stehen rund 22 Prozent, die kaum oder gar nicht zufrieden sind. Nicht einmal die Hälfte der Lehrlinge (43 Prozent) bekommt einen Laptop oder ein Tablet zur Verfügung gestellt.
Da die Berufsschule auch dort einspringen muss, wo Unternehmen ihrer Ausbildung nicht nachkommen, braucht es verstärkt Investitionen in die Berufsschulstandorte. Die ÖGJ fordert eine Modernisierungs- und Digitalisierungsoffensive an den Berufsschulen (Digitalisierungs-Check für Berufsschulen und Internate sowie Lehrpersonal und AusbildnerInnen, Vermittlung digitaler Kompetenzen, Englisch, passende technische Ausstattung und Sanierung der Berufsschulstandorte).
Psychische Gesundheit ernst nehmen
Lehrlinge wurden in der Corona-Pandemie mit ihren Sorgen und Nöten von der Politik allein gelassen, vor allem wenn es um die psychische Gesundheit ging. Und auch in der Berufsschule war psychische Gesundheit kein Thema. Sieben von zehn Lehrlingen haben angegeben, dass „Psychische Gesundheit“ kaum oder gar nicht in der Berufsschule behandelt wurde. Die Gewerkschaftsjugend fordert mehr Geld und Personal, um sich dieser dringenden Thematik zu widmen.
Der Appell richtet sich auch an Betriebe, die eigenen Lehrlinge bei psychischen Problemen zu unterstützen. Zum Beispiel durch das Anbieten von Beratungsangeboten im Betrieb (BetriebspsychologInnen) oder das Freistellen von Lehrlingen für Besuche bei PsychologInnen oder (Psycho-)TherapeutInnen.
Das Anfang 2022 vorgestellte Maßnahmenpaket der Bundesregierung zum Thema psychische Gesundheit ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn damit können lediglich 10 Prozent des Bedarfs dessen abgedeckt werden, was wir für die psychische Gesundheitsversorgung von Kindern und Jugendlichen wirklich benötigen. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf ein gesundes Aufwachsen. Die Regierung muss dieses Recht allen jungen Menschen in Österreich gewähren. Bei psychischer Gesundheit darf es keine Wartezeiten geben.
Der Befragungszeitraum der Online-Umfrage war von Montag, 31.01.2022, bis Sonntag, 13.02.2022. Insgesamt nahmen 1.182 Lehrlinge an der Umfrage teil (506 weiblich, 652 männlich, 24 divers). Die meisten Lehrlinge kamen aus den Bereichen Industrie (332) sowie Gewerbe und Handwerk (310).
Die Österreichische Gewerkschaftsjugend hat mit dieser Umfrage ein Stimmungsbild der aktuellen Situation an Berufsschulen eingeholt. Denn gerade in Zeiten, in denen Unternehmen nicht müde werden, auf den Mangel an Fachkräften hinzuweisen, muss die Sicht der Lehrlinge ernst genommen werden. Die Ergebnisse zeigen: Die (theoretische) Lehrausbildung muss attraktiver werden.