Steuern und Konjunktur
Lücken im Steuersystem
Was fehlt: Robotersteuer und effiziente Eintreibung der Steuern von ausländischen Versandhändlern
Nach den Plänen von ÖVP und FPÖ hängen 60 Prozent aller Staatseinnahmen allein am Arbeitsvertrag. Unser Abgabensystem orientiert sich damit noch immer am Industriebetrieb, so wie es ihn vor mehr als 100 Jahren einmal gab. Mittlerweile hat sich aber einiges verändert. Die Arbeitsstunde eines Menschen kostet heute 40 Euro, die eines Roboters zwischen drei und zwölf Euro. Ersterer zahlt Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge, die auf Löhne und Gehälter aufgeschlagen werden, Letzterer trägt zur Finanzierung unseres sozialen Wohlfahrtsstaats nichts bei.
ArbeitnehmerInnen werden besteuert, Roboter nicht
Microsoft-Gründer Bill Gates sprach sich schon vor zwei Jahren für eine „Robotersteuer“ aus. Wo statt Menschen Roboter arbeiteten, gingen dem Staat die Lohnsteuereinnahmen verloren, argumentierte er in einem Video-Interview. Man müsste daher Roboter auf einem ähnlichen Niveau wie Arbeitnehmerinnen besteuern. Laut Gates würden sich diese darüber auch kaum aufregen. Stellt sich nur noch die Frage, wer die Robotersteuer bis jetzt verhindert hat.
Online-Versandhandel: Finanzministerium verschenkt Millionen
Es gibt aber noch eine weitere Lücke im System. Während immer wieder darüber diskutiert wird, wie sich die eine oder andere Sozialleistung finanzieren lässt, verschenkt Österreichs Finanzministerium jährlich rund 750 Millionen Euro an den Online-Versandhandel. Das errechnete der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider im Mai 2019 für die Initiative Wirtschaftsstandort OÖ (IWS), gegründet übrigens vom ehemaligen Wirtschaftskammerpräsidenten Christoph Leitl.
KundInnen zahlen Mehrwertsteuer, aber die kommt nie bei der Finanz an
Es geht dabei um die Mehrwertsteuer, die von heimischen Konsumenten und Konsumentinnen zwar an die Online-Versandhändler – zumeist mit Firmensitz im Ausland – bezahlt wird, aber größtenteils nicht an die Finanz in Österreich entrichtet wird. Technisch wäre die Eintreibung kein Problem, denn jedes Paket ist heute mit einem Strichcode versehen, der alle notwendigen Informationen enthält. Das wäre laut IWS ein längst überfälliger Akt der Steuergerechtigkeit und Fairness zwischen Online-Versandhändlern und dem stationären Handel hierzulande. Es scheitert am politischen Willen. Auch Gewinne versteuern Konzerne wie Amazon in Österreich kaum.
Unternehmer behalten die von KundInnen bezahlten Steuern
Eine parlamentarische Anfrage hat zudem noch ergeben, dass Unternehmen den österreichischen Finanz- und Zollämtern insgesamt rund 8,9 Milliarden Euro schulden. Den größten Teil der fälligen Steuerschulden macht dabei die Umsatzsteuer mit 2,8 Milliarden Euro aus. Diese haben die Konsumenten und Konsumentinnen bereits bezahlt, die Unternehmen sind aber bei der Weiterleitung an die Finanzämter säumig. Mit rund 1,3 Milliarden Euro folgt die Einkommenssteuer, mit 871 Millionen Euro die Körperschaftsteuer.
Unternehmenssteuern eintreiben, ArbeitnehmerInnen entlasten!
„Würde der Finanzminister rasch die fälligen Steuerschulden der Unternehmen eintreiben, könnten die ArbeitnehmerInnen stärker und schneller entlasten werden“, argumentiert Rainer Wimmer von der PRO-GE und fordert, die Steuerreform nicht über Kürzungen bei den Pensionen zu finanzieren.