Zeitverwendungsstudie
Unfreiwillig unbezahlt: Sorgearbeit bleibt Frauensache
Auch aufgrund mangelnder Kinderbetreuungseinrichtungen übernehmen Frauen weiterhin mehr Sorgearbeit und damit mehr unbezahlte Arbeit als Männer
Kinderbetreuung, Wäsche waschen, Putzen und oft auch noch die Pflege von Angehörigen – die neue Zeitverwendungsstudie, die erstmals seit 2009 wieder und zum vierten Mal insgesamt von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, zeigt ein klares Bild: Frauen erledigen im Vergleich zu Männern deutlich mehr unbezahlte Arbeit und Haushaltstätigkeiten.
Das hat für Frauen negative Folgen auf Einkommen, Karrierechancen und die Pension. „Wer viel unbezahlt arbeitet, muss bei der bezahlten Erwerbsarbeit zurückstecken. Außerdem bleibt Frauen dadurch weniger Freizeit oder weniger Zeit für ihre Beziehungen“, erklärt Korinna Schumann, Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende des ÖGB.
Geschlechterspezifische Arbeitszeitaufteilung im Fokus
Die Studie verdeutlicht die anhaltenden Ungleichheiten in der Arbeitsverteilung zwischen Frauen und Männern – Frauen widmen sich auch weiterhin zu einem erheblichen Teil ihrer Zeit unbezahlter Arbeit, während Männer überwiegend in der Erwerbstätigkeit aktiv sind. Laut den Ergebnissen verbringen erwachsene Frauen unter 65 Jahren im Schnitt täglich sieben Stunden und 38 Minuten mit unbezahlter Arbeit und Erwerbstätigkeit.
Die geschlechterspezifischen Unterschiede werden besonders deutlich, wenn man die Tätigkeiten separat betrachtet. Männer widmen rund zwei Drittel ihrer Gesamtarbeitszeit der Erwerbstätigkeit, während Frauen nur weniger als die Hälfte ihrer Zeit in bezahlter Arbeit verbringen.
- Frauen in Paarhaushalten erledigen rund zwei Drittel der Kinderbetreuung und doppelt so viel Hausarbeit wie Männer, auch unabhängig vom Haushaltseinkommen und der finanziellen Beteiligung am Haushaltseinkommen sowie vom Erwerbsausmaß.
- Die Studie zeigt, dass es besonders Frauen entlastet, wenn Kinder eine Betreuungseinrichtung besuchen und dass die Aufgabenverteilung desto ungleicher ist, je jünger die Kinder sind.
- Mehr Frauen verrichten über alle Altersgruppen hinweg Arbeiten im Haushalt: 95,4 Prozent der Frauen und Mädchen sowie 86,2 Prozent der Männer und Buben verrichten Arbeiten im Haushalt.
- In Paarhaushalten ohne Kind(er) erledigen Frauen durchschnittlich 62,7 Prozent und Männer 37,3 Prozent der Hausarbeit, in Paarhaushalten mit Kind(ern) erledigen Frauen im Durchschnitt fast 70 Prozent der Hausarbeit.
- In ländlichen Gebieten wird von Frauen und von Männern mehr Zeit in Hausarbeit investiert als in Städten: Im Durchschnitt wenden Frauen in ländlichen Gebieten ca. eine halbe Stunde mehr Zeit pro Tag für Hausarbeit auf als Frauen in Städten, bei Männern beträgt die Differenz im Schnitt 20 Minuten täglich.
Die Zeitverwendungsstudie bestätigt die Fortführung traditioneller Geschlechterrollen, insbesondere im Bereich der Hausarbeit und Kinderbetreuung. Frauen übernehmen einen Großteil der unbezahlten Arbeit, was eine Benachteiligung am Arbeitsmarkt verstärkt.
„Es gibt dringenden Handlungsbedarf“, so Schumann und schlägt konkrete Maßnahmen vor, um dieser Ungleichheit entgegenzuwirken. An einem Rechtsanspruch auf beitragsfreie Kinderbildung ab dem ersten Geburtstag des Kindes sowie einem Familienarbeitszeitmodell führt kein Weg vorbei. „Ankündigungen sind zu wenig. Wir haben zu oft Präsentationen von Konzepten seitens der Regierung gesehen, die es für die Frauen im Land besser machen sollen, es kommt aber nie etwas zur Umsetzung“, so die ÖGB-Vizepräsidentin weiter.
Weg mit dem Gender Pay Gap
Damit die nächste Zeitverwendungsstudie nicht wieder ähnliche Zahlen ausweist wie die aktuelle, ist das Schließen des Gender Pay Gaps wesentlich. Denn da Frauen für gleichwertige Arbeit oft weniger verdienen als Männer, entscheiden sich oft Frauen zu Hause zu bleiben, da sonst weniger Geld in der Familienkasse ist.
ÖGB-Vizepräsidentin und Bundesfrauenvorsitzende Korinna Schumann betont: „Ist die Lohnlücke weg, kann endlich echte Gleichstellung in der Arbeitsverteilung erreicht werden.“
Neben den frauenpolitischen Antworten brauche es aber genauso eine umfassende gesellschaftliche Veränderung sowie regelmäßigen Zeitverwendungserhebungen. „Nur von regelmäßigen Überprüfungen lässt sich ableiten, ob sich überhaupt etwas bewegt und wo es neue Ansätze braucht“, so Schumann und betont, dass die Studie aktive Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit notwendig macht.
„Als ÖGB-Frauen werden wir weiterhin und konsequent auf die Ungleichheiten in der Arbeitswelt und in den eigenen vier Wänden hinweisen“, betont die Bundesfrauenvorsitzende.
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