Inflation & Teuerung
Wohnen, Energie, Jobs und mehr: Der 10-Punkte-Plan des ÖGB
„Die Zeit rennt uns davon“, warnt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian. Wir sagen, was nötig ist und wie es sofort umgesetzt werden kann
Die Beschäftigung ist die Grundlage unserer Wirtschaft und muss gesichert werden – davon profitiert direkt auch der Standort Österreich. Denn beides geht Hand in Hand, das ist klar. Das Problem? Die aktuelle Hochzinspolitik macht Investitionen teurer und belastet nicht nur Unternehmen, sondern auch private Kreditnehmer:innen. Die Lösung? Eine Investitionsoffensive – und zwar rasch! „Jetzt muss es schnell gehen, der Handlungsbedarf ist groß, die Zeit rennt uns davon“, stellt ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian klar.
Deshalb hat der ÖGB einen konkreten Plan vorgelegt: den 10-Punkte-Plan zur Sicherung von Standort und Beschäftigung.
Der 10-Punkte-Plan des ÖGB
Besonders wichtig sind im ersten Schritt die sofort umsetzbaren Punkte. oegb.at zeigt die Probleme auf und erklärt, was jetzt passieren muss.
Wohnen und Sanieren: Durchstarten und Kreditnehmer:innen entlasten
Hohe Inflation und hohe Materialkosten sind große Herausforderungen für die Bauwirtschaft. Verschärfte Kriterien bei der Vergabe von Wohnbaudarlehen und gestiegene Kreditzinsen bremsen den Wohnbau zusätzlich.
Wir fordern:
- einen Zinszuschuss für Kreditnehmer:innen bei Wohndarlehen oder eine Investitionsprämie zur Schaffung von Wohnraum,
- den Ausbau des geförderten Wohnbaus gemeinnütziger Bauträger und die Zweckwidmung der Wohnbauförderung,
- einen Rechtsanspruch und einen One-Stop-Shop für alle Bundes-, Landes- und Gemeindesanierungsförderungen, um zu wissen, welche Förderungen es überhaupt gibt.
- Zudem ist die Sanierung der öffentlichen Gebäude voranzutreiben.
67 Milliarden Euro: Öffentliche Vergaben erleichtern
Öffentliche Vergaben sind mit durchschnittlich 67 Milliarden pro Jahr bzw. rund 18 Prozent des BIP ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Regionale Dienstleistungen und Produkte werden dadurch wesentlich gefördert.
Wir fordern:
- die Erhöhung der Schwellenwerte bei der Auftragsvergabe – konkret fordern wir eine Anhebung von 100.000 auf 150.000 bei Dienstleistungen und von einer Million auf 1,5 Millionen Euro bei Bauaufträgen. Eine dynamische Indexanpassung könnte gesetzlich verankert werden. Gemeinden und öffentliche Stellen könnten so kurzfristig Leistungen an regionale Anbieter vergeben.
- Die Direktvergabe ist auszubauen, abzusichern und an regionale und soziale Kriterien zu binden.
Investitionen der Gemeinden sichern und stärken
Ein Drittel der staatlichen Gesamtinvestitionen kommt von Städten und Gemeinden. Ihre größten Einnahmequellen sind Ertragsanteile an gemeinschaftlichen Bundesabgaben. Dieser Anteil fällt in Krisenzeiten geringer aus, Investitionen werden verschoben. Auch die Abschaffung der kalten Progression und die Senkung der Körperschaftsteuer wirkt sich negativ aus. Wenn die Gemeinden nicht rasch mehr Geld bekommen, drohen massive Kürzungen für die Bevölkerung. Statt Ankündigungen muss die Bundesregierung rasch Schritte im Rahmen der Finanzausgleichsverhandlungen setzen.
Wir fordern:
- mehr Mittel über Ertragsanteile für Städte, Gemeinden und Länder;
- zur Finanzierung von weiteren Projekten soll es Gemeinden möglich sein, von den zinsgünstigen Konditionen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) zu profitieren.
- Zudem fordern wir Klima-Investitionsfonds für Städte und Gemeinden in Höhe von einer Milliarde Euro pro Jahr.
Erneuerbare Energien ausbauen, Infrastruktur stärken
Erneuerbare Energie auszubauen, nützt ohne entsprechende Infrastruktur zur Verteilung des Stroms nichts. Ohne diese Energieinfrastruktur sind Standort und Energiewende gefährdet. Belastungen für breite Teile der Bevölkerung wären die Folge.
Wir fordern:
- eine übergeordnete Infrastrukturstrategie; dazu gehören auch ein politisches Bekenntnis sowie eine verbindliche Planungskoordination von Bund, Ländern und Gemeinden für die notwendige Infrastruktur.
- Um den Gleichklang zwischen dem Ausbau der Erneuerbaren Energie und der Infrastruktur sicherzustellen, sind die Genehmigungsverfahren in diesen zwei Bereichen zu beschleunigen. Das ist auch in anderen Bereichen dringend notwendig. Die Sozialpartner haben hier gemeinsam erste Vorschläge vorgelegt.
Alle Analysen und Forderungen rund um die Wirtschaft findest du in unserem ÖGB-Programm 2023–2028
AMS-Budget erhöhten statt kürzen
Eine Kürzung des AMS-Förderbudgets um 1,33 Milliarden Euro bzw. 13,4 Prozent (wie aktuell vorgesehen) ist völlig inakzeptabel. Angesichts der dualen Transformation sind mehr Budget und mehr Personal notwendig.
Wir fordern:
- eine Qualifizierungsoffensive im Bereich Digitalisierung und Green Jobs; diese könnte mit 100 bis 150 Millionen Euro und 280 bis 450 zusätzlichen Planstellen im AMS realisiert werden.
- Für die Fortsetzung der Aktion Sprungbrett für Langzeitarbeitslose sind etwa 50 Millionen Euro notwendig; für die Fortsetzung der Ausbildung bis 18 mit zusätzlichen Angeboten für Basisqualifizierungen 25 Millionen Euro sowie 30 Planstellen.
Kinderbetreuung ausbauen, Rechtsanspruch schaffen
Dringend notwendig sind zusätzliche Mittel für den Ausbau und für den laufenden Betrieb von elementarpädagogischen Einrichtungen. Begleitend muss eine Aus- und Weiterbildungsoffensive gestartet werden, um den Arbeitskräftebedarf zu decken. Die diesbezüglichen Ankündigungen der Bundesregierung für einen Zukunftsplan dürfen nicht wieder eine Mogelpackung bleiben, es muss Klarheit bei der Finanzierung geschaffen werden.
Wir fordern:
- eine Milliarde Euro aus dem Bundesbudget zusätzlich pro Jahr, für bessere Rahmenbedingungen und nachhaltigen Ausbau sowie für den aktuellen Betrieb des Kinderbildungsangebots aus dem Bundesbudget,
- den Rechtsanspruch auf einen beitragsfreien Kinderbildungsplatz ab dem ersten Geburtstag des Kindes – dieser kann nur mit ausreichend Personal umgesetzt werden sowie
- die Umsetzung einer Weiterqualifizierungsoffensive nach ÖGB/AK-Modell.
Der 10-Punkte-Plan des ÖGB
Wir denken nicht nur kurz-, sondern auch langfristig. In unserem 10-Punkte-Plan zur Sicherung von Standort und Beschäftigung finden sich deshalb auch Punkte, deren Umsetzung nicht sofort möglich ist, sondern Weitblick und Planung erfordert. Dazu zählen unter anderem auch Perspektiven für die Industrie, Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, das Verhindern von Personalnot im Pflege- und Gesundheitssektor oder ein Ende der EU-Sparpolitik.